Man kann nur noch den Kopf schütteln, wenn man sieht, mit welchem Überschwang letzte Woche zum x-ten Mal die Nachricht vom Beginn der Arbeiten am Virgl-Eisenbahntunnel verkündet wurde. „Man muss schon die Langlebigkeit eines Methusalem haben, um zu hoffen, dessen Fertigstellung irgendwann zu erleben„, scherzt Paul Köllensperger. Das Gleiche gilt für die seit 20 Jahren festgefahrenen Diskussionen über das Bahnhofsareal, die Seifenoper rund um den Neubau des Gefängnisses und der Stillstand beim Bibliothekszentrum, um nur einige Beispiele für die kolossale Verschlafenheit der Landesregierungen der letzten Jahre zu nennen. Ebenso läßt sich die Debatte über den katastrophalen Zustand des Verkehrs in der Landeshauptstadt nur noch mit Kopfschütteln verfolgen: geredet wird nur noch vom Bau neuer Straßen, die Nachhaltigkeit gibt es offenbar effektiv nur in den millionenschweren Schaufensterkonferenzen der IDM.
Am 8. Februar 2015, also vor mehr als acht Jahren, wurde die erste Anfrage von Paul Köllensperger zu diesem Thema eingereicht, mit dem eindeutigen Titel: „Virgl-Eisenbahntunnel, wann geht’s los?“ „Die Legislaturperiode hatte gerade erst begonnen„, erinnert sich der Landtagsabgeordnete, „aber mir war schon damals völlig klar, dass der Virgl-Eisenbahntunnel eine wichtige Infrastruktur für eine nachhaltige Mobilität nicht nur für Bozen, sondern für das ganze Land ist. Und ich habe nie verstanden, warum die zuständigen Landesräte nicht bis zum Umfallen für ein so wichtiges Projekt gekämpft haben, während ich heute sehe, wie stark sich der Mobilitätslandesrat für ein marginales und in mancher Hinsicht schädliches Projekt wie die Standseilbahn Meran-Schenna einsetzt. Im Laufe der Zeit haben wir zahlreiche Anfragen gestellt, einen Zeitplan für die Arbeiten angefordert und als Antwort darauf eine Entschuldigung nach dem anderen sowie nichtssagende Antworten in „Politikersprache“ erhalten. In der Zwischenzeit sind Jahre vergeblich verstrichen und die Verkehrssituation in der Landeshauptstadt hat sich erheblich verschlechtert. Aber das ist ja nichts Neues: Bozen ist der SVP völlig egal.“
Wie aus dem Zauberhut kehrt das Thema gelegentlich wieder ins Rampenlicht der Medien zurück, und man hofft, dass dieses Mal die Versprechen eingehalten werden. Nicht alle wissen, dass seit mehr als dreißig Jahren über diesen Eisenbahntunnel geredet wird und dass in den 1990er Jahren bereits der Vortunnel gegraben wurde. „Es ist eine „unendliche Geschichte“: Der Virgltunnel ist unverzichtbar für den Ausbau der Meraner Bahnlinie – komisch erscheint mir, dass er erst seit kurzem Priorität erlangt hat -, aber er wäre auch unverzichtbar für das sogenannte dritte Gleis gewesen, das eine U-Bahn-ähnliche Nutzung der Bahn für das Unterland mit häufigen Zügen für Pendler und Studenten ermöglicht hätte„, seufzt ein enttäuschter Paul Köllensperger, dessen Ad-hoc-Antrag zum dritten Gleis abgelehnt wurde; gleiches gilt für die S-Bahn ins Überetsch, ein Antrag, der von der gesamten Opposition im Landtag unterzeichnet wurde. Dies alles sind Vorhaben, die für die abertausenden Pendler, die täglich in die Landeshauptstadt fahren, eine attraktive und glaubwürdige Alternative zum privaten Auto geboten hätten.
Schließlich platzt es aus ihm heraus: „Wir haben genug vom leeren Gerede über Nachhaltigkeit, wir müssen endlich eine attraktive Alternative zum Auto bieten. Jahre, nein Jahrzehnte, des Stillstandes in der Landeshauptstadt haben zu einer Verkehrskatastrophe geführt, die jetzt nur noch mit dem Gerede über den Bau neuer Straßen behoben werden soll, wie das irrsinnige Projekt der Verdoppelung der Reschenstraße. Hier würden hektarweise wertvolle Weinberge vernichtet, die Lebensqualität von Tausenden von Familien im Stadtviertel beeinträchtigt, nur um den Autoverkehr „flüssiger“ zu gestalten – dies scheint derzeit das häufigste Zauberwort zu sein. Diejenigen, die das Land und die Stadt regieren, sollten jedoch wissen, dass „flüssiger Verkehr“ mehr Autos bedeutet und damit mehr Verkehr, mehr Smog, mehr klimaschädliche Emissionen, mehr Lärm, mehr Inanspruchnahme von öffentlichem Raum, vor allem von Parkplätzen. Eine antiquierte und eingeschränkte Art, mit dem Problem umzugehen„.