Regierungsarbeit stellt einen sehr verantwortungsvollen und zeitintensiven Beruf dar, weshalb diese Tätigkeit auch eine angemessene Entlohnung verdient, in einer Höhe die auch im Verhältnis zu anderen Spitzenpositionen im Land stehen soll. Daher sei vorweg betont, dass es sich hier nicht um eine Diskussion über die Höhe der Gehälter innerhalb der Politik handelt, sondern um eine Debatte über die steuerfreien Aufwandsentschädigungen, die seit 2017 in Form einer pauschalen Spesenrückerstattung den Regierungsmitgliedern sowie anderen Spitzenpositionen in der Landespolitik zustehen.
Dass Regierungsverantwortung im Vergleich zur rein legislativen Arbeit zusätzlich vergütet wird, ist natürlich gerechtfertigt, aber hinsichtlich des Bestehens von steuerfreien Entschädigungen und des Mangels an Transparenz kann sehr wohl Kritik geäußert werden. Denn diese Zusatzvergütungen – die sich zusätzlich zur Aufwandsentschädigung und den Auslagenrückerstattungen für die Mandatsausübung dazu gesellen – sind der Besteuerung völlig entzogen – und somit steht die Besteuerung der Gesamtbezüge in keinerlei Verhältnis zum Steuerdruck, der auf den Bezügen eines Arbeitnehmers oder Freiberuflers lastet, denen derartige Privilegien vorenthalten bleiben. „Mehr Netto vom Brutto“ – jeder Lohnabhängige wünscht sich das. In Südtirol gilt das aber nur für die Spitzenpositionen in der Politik.
Diese auch rechtlich zweifelhaften Privilegien betreffend die Freistellung großer Einkommensteile von der Besteuerung gilt es abzuschaffen.
Denn eines darf die Politik sich nicht weiterhin leisten, wie uns der Skandal um die RentenVorschüsse lehren sollte: ungerechtfertigte Vorteile, die politische Mandatare sich per Gesetz selbst zuerkennen, werden von weiten Teilen der Bevölkerung mit Zorn und Unverständnis quittiert. Es geht den meisten Bürgern dabei weniger um die Höhe der Aufwandsentschädigung an sich, als eben um das Bestehen von Privilegien – und diese übrig gebliebenen Privilegien steuerlicher Natur müssen abgeschafft werden.
Diese Zusatzvergütungen für die Mitglieder der Landesregierung und einiger anderer Positionen sind im Zuge einer sogenannten „Neuregelung der Bezüge“, medial angepriesen als Reduzierung der Politikkosten, hier im Landtag mit Landesgesetz Nr. 5 vom 19. Mai 2017 beschlossen worden. Sie addieren sich zu der Vergütung der Abgeordneten laut Regionalgesetz Nr. 6 vom 21. September 2012 geregelten Vergütung der einfachen Abgeordneten und zu den Auslagenrückerstattungen. So verdient ein einfacher Landtagsabgeordneter 9.800 Euro Brutto pro Monat zuzüglich einem Pauschalbetrag von 700 Euro zur Rückerstattung der für die Ausübung des Mandats bestrittenen Kosten. Dazu kommen noch 750 Euro für belegte „besondere Ausgaben“, bspw. für die Rückerstattung von Mahlzeiten und zurückgelegten Kilometern.
Zu diesem Grundgehalt gesellen sich seit Inkrafttreten des Landesgesetzes Nr. 5 vom 19. Mai 2017 folgende zusätzliche Vergütungen in Form einer völlig steuerfreien pauschalen Spesenrückerstattung – aber de facto ein Gehaltsbestandteil: 4.600 Euro monatlich für den Landeshauptmann; 4.100 für seine Vize, 3.300 für den Landtagspräsidenten, 2.400 für dessen Vize, ein Landesrat erhält 3.600, ein Präsidialsekretär 1.200, die Vorsitzenden der GGA 800, die Fraktionsvorsitzenden bis zu 1.100.
Diese Zusatzvergütungen, die als „Spesenpauschalen“ definiert sind, die sie in der Tat aber nicht sind, dürfen nicht komplett der Besteuerung entzogen sein. „Mehr Netto vom Brutto“ darf kein Privileg nur für die Spitzenpositionen innerhalb der Landespolitik sein. Durch die aktuelle Regelung ergibt sich de facto je nach Höhe des Mandats eine geringere Steuerbelastung. Dadurch dass der Landeshauptmann 35 % der Entschädigung steuerfrei erhält, zahlt er auf die Gesamtbezüge berechnet einen sehr geringen Einkommensteuersatz. Bereits im Mai 2017 wurden diese Angelegenheiten seitens der Opposition angesprochen und diskutiert. Diese neuen steuerfreien Zulagen, die es in dieser Form vormals nicht gegeben hatte, seien nämlich einerseits dazu da, eine Reduzierung der Bruttogehälter vor allem der Landesregierung zu erzielen, ohne aber de facto di Nettogehälter anzutasten (siehe Gehalt des Landeshauptmanns: von brutto 19.215 Euro auf 15.100 Brutto gesenkt, aber Nettobezug praktisch unverändert), und auch um innerhalb der SVP über „famose Beruhigungspillen“ zu verfügen, um die Abgeordneten ohne Regierungsauftrag zufrieden zu stellen.
Unterm Strich aber erzielt diese Neureglung einen absurden Effekt: Je „höher“ das Mandat, desto geringer ist die Steuerbelastung der Entschädigung, da weite Teile der Entschädigung steuerfrei sind (beim Landeshauptmann sind 35 % der Entschädigung steuerfrei, bei einem einfachen Landtagsmandatar 7 %). Der Landeshauptmann hat eine Durchschnittsbesteuerung seines Einkommens von weniger als 23 %!
Dass es auch anders geht, zeigt die Nachbarprovinz Trient. Dort hat sich die Politik der geforderten Gehaltsreduzierung durch das Monti Dekret aus dem Jahr 2012 angepasst und sowohl die Gehälter der Landesregierung reduziert als auch die Gehaltsbestandteile im überwiegenden Ausmaß der ordentlichen Besteuerung unterworfen. Dies wurde auch im Zuge der Debatte zum LGE 79/16 ausführlich diskutiert und nicht bestritten.
Daher sollte es vor allem in einem Land wo die Lohnabhängigen unter enormen Steuerdruck leiden, nicht so sein, dass gerade die politischen Verantwortlichen sich selbst mit steuerlichen Privilegien beglücken.
Diese angesprochene Thematik, in welchem Ausmaß Politiker für ihre Leistung bezahlt werden sollen, wird bereits seit Längerem in breiten Bevölkerungsschichten ausgiebig diskutiert. Ein erster Schritt sollte sein, dass die Regelung der Politikerbezüge alleinige Landeszuständigkeit wird.
Da die gesamte Regelung der Entschädigung derzeit auf Regionalgesetze, Landesgesetze, Landtagsbeschlüsse und Verordnungen verteilt ist, fehlt es vollkommen an Durchblick und Transparenz.
Dies vorausgeschickt: fordert der Südtiroler Landtag die Südtiroler Landesregierung auf,
- die derzeit bestehenden steuerfreien, pauschalen Spesenrückvergütungen der Besteuerung zuzuführen, so wie es jeder andere Steuerzahler auch tun muss;
- sich dafür einzusetzen, dass die gesamte Regelung der Entschädigung alleinige Landeszuständigkeit wird.