Landeshauptmann Arno Kompatscher hat in seiner Haushaltsrede die Wichtigkeit der RadMobilität und ihre Attraktivität im Tourismus und für den Alltagsverkehr stark hervorgehoben und deren Förderung angekündigt. Ebenso hat Daniel Alfreider, Landesrat für Mobilität, in seiner Pressekonferenz vom 28. November 2019 angekündigt, dass Südtirol im Bereich der Radmobilität zu einer Musterregion werden soll.
Weder der Landeshauptmann noch der Mobilitätslandesrat hat jedoch konkret Angaben über die Bereitstellung der Mittel für Radmobilität bekanntgegeben. In Ländern und Regionen, die große Erfolge bei der Förderung der Sanftmobilität erreicht haben, bzw. diese anstreben, wird der Budgetansatz pro Einwohner und Jahr erhoben. Fachleute schätzen einen Betrag zwischen 70 und 100 € pro Einwohner und Jahr für Südtirol als zielführend ein. Europäische Musterregionen wie Utrecht, Kopenhagen, Münster aber auch München, Hamburg und Berlin setzen teilweise auch wesentlich höhere Beträge ein, um die Rad- und Sanftmobilität entscheidend zu stärken.
Bei der Fachtagung Cycmobility im September 2019 in Bozen haben interessante Persönlichkeiten wie Marianne Weinreich, Holger Haubold, Paul Senoner, Heiner Oberrauch, Günther Emberger sowie Hermann Knoflacher Vorträge gehalten sowie Ideen und Anregungen für eine erhebliche Steigerung der Fahrradnutzung im Alltag vorgebracht.
Paul Senoner hat beispielsweise beschrieben, wie er täglich das Fahrrad für Fortbewegung und Gesundheit benutzt, um seine beruflich bedingten Fahrten zurückzulegen. Er ist Architekt in der Gemeinde Kastelruth.
Heiner Oberrauch hat das Radwegenetz gelobt, allerdings auch auf Lücken hingewiesen. Seit 5 Jahren ist die Fertigstellung des Radweges vom Stadtzentrum in die Industriezone Bozen Süd mit diversen Schwierigkeiten belastet, vor allem fehlt ein Verbindungsstück von circa 80m über das Fercam Gelände, um die Industriezone Bozen vom westlich des Eisack gelegenen Gebietes aus erreichen zu können, wo der Etschtalradweg verläuft. Es gibt dort eine Eisackbrücke, von der aus aber per Fahrrad nur in Richtung Unterland weitergefahren werden kann, während es keinen Anschluss an die Industriezone gibt. Auch ein großer Teil der jährlich 70.000 Besucher der Salewa Kletterhalle würden davon profitieren und könnten die Halle niederschwelliger mit dem Rad erreichen.
Verschiedene Referenten und Teilnehmer informierten darüber, dass es leider mehrfach Lücken gibt, welche das gesamte, eigentlich sehr gute Radwegenetz Südtirols einschränken, vor allem für den sogenannten Alltagsverkehr.
Für ein gut funktionierendes Fahrradwegenetz für Tourismus und Alltagsverkehr, das erhebliche Umstiegspotenziale, beispielsweise vom Auto zum Rad, mit sich bringen soll, braucht es eine gute Planung, Beschilderung, Instandhaltung über das gesamte Jahr hinweg (inklusive Schneeräumung), lückenlose Verbindungen aller Abschnitte sowie abschnittsweise Verbreiterungen und Ausbauten in Form von so genannten Radschnellwegen, um höhere Frequenzen und vor allem verschiedene Durchschnittsgeschwindigkeiten der Fahrradströme parallel bewältigen zu können.
Südtirol braucht einen Landesradmobilitätsplan, der auch im Staatsgesetz vom 11.1.2018 Nr. 2 vorgesehen ist. Um ihn erstellen und vor allem auch umsetzen zu können, wäre eine einheitliche Führung des Radwegenetzes angebracht. Dies kann sowohl über eine amtliche Lösung oder über die STA als Agentur funktionieren, als Koordinationsstelle und Kümmerer zwischen Land, Gemeinden und Bezirksgemeinschaften.
Bei allen Planungen für Straßen, Verkehrsinfrastrukturen und Bahnen ist künftig die Fahrradinfrastruktur mit zu integrieren, dann haben wir die größte Chance und Möglichkeit, die Menschen für die Radmobilität zu begeistern. Vorhandene Strukturen beeinflussen das Verhalten der Menschen.
Gleichzeitig gibt Radfahren die beste Vorsorge für die Gesundheit mit einem nachweislichen Positivsaldo für die öffentlichen Haushalte und die Unternehmensbilanzen. Der Mensch ist gesünder, vitaler, leistungsfähiger und belastbarer.
Ziel ist es, dass mehr und mehr Menschen auf das Rad umsteigen und besonders jene dazu zu bringen, die bisher für kurze Strecken von wenigen Kilometern das Auto verwendet haben. Durch die Einführung der elektrischen Tretunterstützung bei Fahrrädern, können E-Bikes und Pedelecs auch im hügeligen u gebirgigen Gelände und für mittlere und längere Distanzen eingesetzt werden. Diese innovativen Fahrräder haben daher auch in Südtirol große Potenziale.
Die Maßnahmen für die Förderung der Radmobilität sind im Rahmen klarer Zielsetzungen zu planen und umzusetzen. Daher ist es als Grundlage für die Planung unerlässlich, konkrete Ziele auszuformulieren. Vor dem Beginn der Planungen und als Vorgaben dafür ist beispielsweise festzulegen, wie viele Prozent der aktuellen Autofahrten in welchen Zeiträumen zu Rad- oder Öffi-Fahrten oder Fußwegen umgeschichtet werden sollen. Nur auf dieser Grundlage kann auch die Effizienz der Maßnahmen gemessen, bzw. können mehrjährige Umschichtungsprozesse herbeigeführt werden.
Dies vorausgeschickt, verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung:
- Sich dafür einzusetzen, dass das fehlende Teilstück von circa 80m am Radweg im Bereich der Fahrradbrücke über den Eisack und der Industriezone Bozen Süd innerhalb 2020 ergänzt wird;
- . Dass die vielen Ideen in den tollen Prospekten und Broschüren wie „GreenMobility- Nachhaltige Mobilität in Südtirol“ (STA) zügig umzusetzen sind, um die daraus resultierenden Vorzüge möglichst rasch zu erzielen;
- Dass die strukturellen Maßnahmen für die Fuß-, Radmobilität und Potenzierung des ÖPNV vernetzt im Landesmobilitätsplan mit Schwerpunkt Sanftmobilität unter Beteiligung der Gemeinden und Bezirksgemeinschaften umgesetzt werden;
- einen Zehnjahresplan mit jährlichem Budget für den Strukturwandel im Bereich der Sanftmobilität und des Mobilitäts-Umweltverbundes Fußweg-Radfahrt-Öffi-Nutzung zu definieren
- Dass sofort entweder eine amtliche Lösung oder eine Agentur im Auftrag als landesweit kompetenter Ansprechpartner und Koordinationsstelle für Sanftmobilität und die Förderung des Umweltverbundes (Zufußgehen, Radfahren, Öffis nutzen) eingerichtet wird;
- Sich die Landesregierung weiterhin verstärkt für Emotionalisierungs- und Begeisterungsmaßnahmen einsetzt und auch die notwendigen Mittel für den erforderlichen Alltagskulturwandel zur Verfügung stellt.