Kinder und Jugendliche sind in dieser ganzen Zeit der Krise nicht befragt und nicht gehört worden. Dennoch leiden sie genauso unter den Auswirkungen der Krise, wenn nicht mehr. Sie werden vergessen, weil sie keine Lobby haben. Es gibt bereits erste Studien, die zeigen, dass die Vereinsamung bei den Jüngsten am Größten ist. Vor mehr als zwei Monaten wurden Kinder und Jugendliche von einem Tag auf den anderen aus ihrem Alltag in Kindergarten und Schule herausgerissen. Der Alltag, der sonst von Schule und sozialen Kontakten dominiert wurde, war plötzlich anders. Kaum etwas im Leben der Kinder und Jugendlichen war wie vorher. Der persönliche Kontakt zu Bezugspersonen und Freunden fehlte, Jugendliche können ihre sozialen Kontakte dank der digitalen Medien zwar halten, aber Videochat ist kein Ersatz für physische Treffen. Gerade für sie ist es wichtig, Kontakte außerhalb der Familie zu haben. Das Gruppengefühl im Jugendalter ist wichtig für persönliche Entwicklung und Identitätsbildung. Peer-to-Peer lernen in allen Entwicklungsstufen ist ein wichtiger Faktor für die Persönlichkeitsbildung. In Gruppen erfahren Kinder und Jugendlichen Anerkennung, Konflikte und Kompromisse.
Kinder und Jugendliche wurden schon vor der Krise von der Politik wenig wahrgenommen. Da wundert es nicht, dass auch in der Krisenzeit niemand im Blick hatte, wie extrem sich ihr Leben durch Schulschließungen und Kontaktverbote verändert hat. Über die jungen Menschen sprechen grundsätzlich andere – Eltern, Lehrpersonen, Politiker. Wer hat in den letzten Monaten bei Kindern und Jugendlichen nachgefragt, ihre Sorgen gehört? Hat ihre Stimme in der öffentlichen Diskussion eine Rolle gespielt?
Schulen und Kindergärten bleiben in Italien bis September geschlossen. In Südtirol wird in Kindergärten und Grundschulen zwar ein Notdienst angeboten, es haben aber nur eine geringe Anzahl von Kindern Zugang dazu. Keine Angebote gibt es für Mittelschüler*innen und Oberschüler*innen (außer den Maturanten und Maturantinnen). Umso wichtiger ist es jetzt, Angebote für den Sommer zu organisieren. Neben den Angeboten für die Kinder und Jugendlichen geht es auch darum, wie berufstätige Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder über die Sommermonate unterstützt werden.
Für viele Familien stellt sich jetzt die Frage, ob es nach dem 16. Juni tatsächlich eine „Sommerbetreuung für alle“ geben wird. Derzeit ist bei der Sommerbetreuung noch vieles unklar. Kinder und Jugendliche brauchen den Kontakt, genauso wie Familien Unterstützung und Entlastung benötigen.
Wer noch Arbeit hat, kehrt jetzt nach und nach an den Arbeitsplatz zurück oder sind nach den Monaten von Homeoffice und Fernunterricht an der Grenze der Belastbarkeit angelangt. Wir müssen darauf achten, dass Mütter nicht an der „Unvereinbarkeit von Familie und Beruf“ zerbrechen. Für Eltern, die im Homeoffice arbeiten, gibt es derzeit keine Betreuungsangebote außerhalb der eigenen Wohnung. Die Wirtschaftsverbände bringen sich derzeit wenig in das Thema Kinderbetreuung ein. Es braucht keine Studien, um festzustellen, dass die volle Arbeitsleistung im Homeoffice bei gleichzeitigem Familienmanagement nicht erbracht werden kann. Die Arbeitgeberseite muss sich stärker dafür einsetzen, dass ihr Personal unter möglichst guten Bedingungen arbeiten kann, auch von zu Hause aus, schließlich bezahlen die Unternehmen ihre Angestellten.
Von staatlicher Seite gibt es als Unterstützungsmaßnahmen die außerordentliche Elternzeit und den Babysitterbonus. Die Antragstellung ist zwar bürokratisch aufwendig, doch kann der Babysitterbonus nun auch für Betreuung außer Haus, also beispielsweise für die Sommerbetreuung, verwendet werden. Es heißt aber trotzdem für viele Betroffene, neben Arbeit auch noch Kinder zu betreuen und Haushalt zu organisieren – in Vollzeit. Für Alleinerziehende gestaltet sich die Situation noch schwieriger, ihr Familienmodell sollte als Vorrangskriterium bei Betreuungen gelten.
Die Sommerbetreuung wird in der Regel von Gemeinden und verschiedenen Trägern (Sozialgenossenschaften, Vereine, Jugenddienste usw.) organisiert und koordiniert, das sollte auch heuer so sein.
Von Seiten der Gemeinden und Träger wurde zum Teil damit begonnen, Anmeldungen zu stornieren und den Bedarf neu zu erheben. Die Anbieter organisieren ihre Angebote neu oder planen sie nach den aktuellen Sicherheitsstandards um. Die Gemeinden suchen nach geeigneten Räumlichkeiten und Plätzen im Freien. Durch die aktuelle Notfallsituation und wegen des Infektionsrisikos sollten möglichst Aktivitäten im Freien bevorzugt werden. Viele Angebote der Sommerbetreuung fanden auch in der Vergangenheit im Freien statt, es braucht einzig genügend Rückzugsorte für Schlechtwettertage. Finanzierung und Planungssicherheit spielen eine große Rolle. Unter den neuen Bedingungen entstehen allen Beteiligten andere Kosten als vorhergesehen, erhalten sie eine Landesunterstützung? Immerhin wurde von der Landesrätin die Aussage getätigt “Alle Kinder bekommen einen Platz in der Sommerbetreuung”. Allerdings betonte dieselbe Landesrätin in der Antwort auf die Anfrage zur aktuellen Fragestunde Nr.11/Mai/2020 auch, dass die Träger der Angebote allein für die Umsetzung der Maßnahmen und Sicherheitsstandards zuständig sind. Es werde zwar Hilfe bei der Beschaffung von Masken u. ä. angeboten, die Kosten und operativen Maßnahmen sind jedoch von den Trägern zu schultern.
Leider hat das Land Südtirol hat seine eigenen Sommerangebote alle ersatzlos gestrichen und machte sich aber anscheinend keine Gedanken über Alternativangebote oder Unterstützungsmaßnahmen für die Anbieter.
Dies vorausgeschickt verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung:
- die Organisation von flächendeckenden und bedarfsgerechten Betreuungsangeboten von Schulende bis Schulanfang zu unterstützen.
- alle Gemeinden Südtirols zu unterstützen in Zusammenarbeit mit privaten Trägern, Vereinen und Sozialgenossenschaften Sommerangebote für Kinder und Jugendliche zu organisieren und ihnen die entsprechende Finanzierung zur Verfügung zu stellen.
- den privaten Trägern, Vereinen und Sozialgenossenschaften entsprechende Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, um die zusätzlichen Ausgaben zu finanzieren und die Elternbeiträge angesichts der Krise niedrig zu halten
- Modelle der Sommerbetreuung besonders zu fördern und Informationen über die Abhaltung der Projekte an die Eltern weiterzugeben, wo Kinder und Jugendliche sehr viel Zeit in der freien Natur verbringen.