Die Südtiroler Bevölkerung wird im Durchschnitt immer älter. Tatsächlich wird im Jahr 2030 jeder zweite Südtiroler über 65 Jahre alt sein. Dieser demografische Trend bringt verschiedene Probleme mit sich, u. a. die damit zusammenhängende Zunahme der Ansuchen um Pflegegeld an das Land (von 10.500 im Jahr 2013 auf derzeit 12.000).
Außerdem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass zukünftig die Generation der Baby-Boomer sich zu den derzeitigen Senioren gesellen wird; dadurch wird die Anzahl pflegebedürftiger Menschen vorübergehend in die Höhe schießen.
Damit in Zukunft die Mittel im entsprechenden Posten des Landeshaushaltes (183 Millionen Euro im Jahr 2008, 197,5 Millionen im Jahr 2014 und 223 Millionen im Jahr 2018) weiterhin ausreichen, wäre es notwendig, bei der Inanspruchnahme dieser Gelder das Kriterium des Einkommens einzuführen: Die derzeitigen Gesetzesbestimmungen sehen verschiedene Beitragsstufen vor; dabei sind es Monatsbeiträge von 561 Euro (1. Pflegestufe, 51,6 % der Pflegefälle laut Daten des AFI-IPL von 2017), 900 Euro (2. Pflegestufe, 31,3 %), 1.350 Euro (3. Pflegestufe, 12,5 %) und 1.800 Euro (4. Pflegestufe, 4,6 %), die den Gesuchstellern allein aufgrund des Pflegebedarfs gewährt werden, ohne dass dabei – wenigstens für die höheren Pflegestufen – das Einkommen berücksichtigt würde. Zukünftig wird man nicht umhinkönnen, auch dieses Kriterium zu beachten, sodass ein gestaffeltes Berechnungssystem eingeführt, eine gerechtere Zuteilung des Pflegegeldes vorgesehen und allen Bürgerinnen und Bürgern die erforderliche Betreuung gewährleistet wird.
In der Tageszeitung Alto Adige vom 27. Mai 2019 (http: //www. altoadige. it/cronaca/bolzano/assegno-di-cura-le-protestecriteri-sempre-pi%C3%B9-rigidi-1.2021049) stand, dass immer mehr Südtiroler über die immer strikteren Kriterien für die Gewährung des Pflegegeldes klagen und viele sich fragen würden, ob es wirklich sinnvoll sei, dass das Land diese Beihilfen allen auszahlt, ohne nach Einkommen zu unterscheiden. Bisher wird das monatliche Pflegegeld unabhängig vom Einkommen und vom Vermögen fast 12.000 Personen ausbezahlt, die vier verschiedenen Pflegestufen zugeordnet sind.
Durch die Einführung des Einkommenskriteriums würde das Pflegegeld zu einer effektiven sozialen Investition, was zur Vorbeugung gegen die durch die Pflegebedürftigkeit hervorgerufene Armut – vor allem bei älteren Menschen mit einer Mindestrente – unbedingt notwendig wäre. Diese soziale Investition wird nämlich erst dann gerechtfertigt sein, wenn das Pflegegeld korrekt und zweckmäßig verwendet wird, um vor allem die schwächsten Bevölkerungsgruppen gezielt zu unterstützen. Im Trentino wird das durch Landesgesetz Nr. 17/2012 festgelegte Pflegegeld bereits jetzt aufgrund der Pflegebedürftigkeit (vier Pflegestufen) und der finanziellen Situation des Empfängers (Indikator der wirtschaftlichen und sozialen Situation einer Familie – ICEF) ausgezahlt.
Insgesamt stellt die Einführung des Einkommenskriteriums eine notwendige, ja sogar unverzichtbare Maßnahme dar, um die Kosten für die Gesundheitsversorgung der nächsten Jahre zu begrenzen, dabei gleichzeitig soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten und die einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen zu unterstützen.
Dies vorausgeschickt verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung,
- das AFI/IPL mit der Ausarbeitung einer Studie zu beauftragen, mit dem Ziel, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen eines nach Einkommen sowie nach Pflegebedürftigkeit (derzeit vier Pflegestufen) eventuell neu gestaffelten Pflegegeldes zu untersuchen, wobei verschiedene mögliche Lösungen hinsichtlich der Einkommensgruppen angeführt werden;
- auf der Grundlage der unter Punkt 1 genannten Studie zu erwägen, für eine sozial gerechtere Zuteilung des Pflegegeldes zusätzlich zu den bereits bestehenden Kriterien jenes des Einkommens einzuführen;
- das Angebot an Dienstleistungen, die mit dem Pflegegeld zusammenhängen, zu erweitern.