Eine vierte Welle verhindern – Vorbereitung auf den Corona-Herbst
Wir genießen den Sommer und die Freiheiten, die mit den niedrigen Inzidenzzahlen, der schützenden Grundimmunität und der steigenden Impfquote der Bevölkerung einhergehen. Dass wir, bezogen auf die Sieben-Tage-Inzidenz und die Krankenhausbelastung (Hospitalisationsrate), so gut dastehen, haben wir den Impfstoffen und dem verantwortlichen Verhalten vieler Menschen zu verdanken. Das dürfen wir nicht leichtfertig verspielen. Die Sorge vor der vierten Welle und der sich ausbreitenden Delta-Variante greift um sich. Durch ein strategisches Planen und Handeln müssen erneute Einschränkungen für die Bürger*innen verhindert werden. Dies bedingt unweigerliche eine vorausschauende Politik, wenn wir erneute tiefgreifende Belastungen der Bevölkerung vermeiden möchten. Ziele infektionspräventiver Maßnahmen umfassen alle Entscheidungen, welche die Infektionszahlen und Erkrankungen durch SARS-CoV-2 nachhaltig niedrig halten. Das Erreichen einer „Herdenimmunität“ ist aufgrund der Delta-Variante des SARS-CoV-2-Virus in den kommenden Monaten nicht realistisch.
Folgende zehn Thesen können zur Vermeidung der vierten Corona-Welle beitragen:
- Möglichst viele Menschen rasch impfen und Auffrischimpfungen für ältere Bürger*innen bereits jetzt planen
- Informations- und Aufklärungskampagne intensivieren, um noch mehr Menschen zu erreichen
- Impfangebote niederschwellig planen unter Einbindung der Hausärzte, Kinderärzte und Betriebsärzten
- Niederschwelliges Testen beibehalten und gratis zur Verfügung stellen
- Masken in geschlossenen Räumen weiterhin verwenden
- Um Schulen, Kindergärten und Kitas in Präsenz zu garantieren, verantwortlich planen
- Krankenhäuser und Intensivstationen bestmöglich vorbereiten
- Standardisierte Antikörpertests zur Erfassung des Immunisierungsstatus der Bevölkerung durchführen („Survey der Infektionsrate“)
- Abwasserbasiertes Monitoring-Konzept umsetzen
- Unsere Gesellschaft wieder zusammenführen
- Möglichst viele Menschen rasch impfen und Auffrischimpfung für ältere Bürger*innen bereits jetzt planen
Ja, die vierte Welle wird anders sein, weil viele Personen, insbesondere die ältere Bevölkerung, aber auch die Risikogruppen, schon geimpft sind. Entscheidend ist angesichts der Delta-Variante, die wesentlich infektiöser ist, möglichst rasch viele Menschen zu impfen, da andernfalls eine Zunahme der Infektionszahlen zu erwarten ist.
Leider gilt auch für Südtirol, dass die Gesamtzahl der geimpften Personen noch zu niedrig und nicht ausreichend ist, um einen stabilen Schutz der Gesamtbevölkerung zu erreichen.
Deshalb muss mehr getan werden, um über die bislang erreichten Menschen hinaus Impfwillige und Zögernde zu erreichen. Statt Druck und Sanktionen sind Einfallsreichtum und ideenreiche Aktivitäten gefragt. Vorsorgliche Auffrischimpfungen (Booster-Impfung) für Ältere und chronisch Kranke, deren Erstimpfung sechs bis neun Monate zurückliegt, sollten ab Oktober bereits jetzt geplant werden. Dafür braucht es frühzeitig klare Informationen und Planungsstrategien. Die Wiederimpfung dieser Gruppe bringt überwiegend Nutzen. Der Impfschutz ist umso kürzer, je älter man ist und je schlechter das Immunsystem arbeitet.“ (Prof. Dr. Weiss – Infektiologe Klinik Innsbruck). Alle anderen Personen sind mit zwei Impfungen wahrscheinlich für ein Jahr und länger geschützt; die Genesenen mit einer Impfung wahrscheinlich über viele Jahre.
- Informations- und Aufklärungskampagne intensivieren, um Menschen zu erreichen, die noch unschlüssig sind
Die Informationen zum Coronavirus und der Impfung selbst müssen den Bedürfnissen der Bevölkerung angepasst werden. Es braucht eine breit angelegte Informationskampagne, um die Menschen zu erreichen, die noch unschlüssig sind. Gerade die jüngeren Menschen müssen durch die Impfkampagne erreicht werden, da sie durch die Ausbreitung der Delta-Variante besonders gefährdet sind.
Vor allem müssen wir Aufklärung betreiben zu den Impfstoffen, ihren Wirkungen und Nebenwirkungen, denn da herrscht große Verunsicherung. Hier muss zielgruppenspezifisch aufgeklärt werden.
Der Wert einer Informationskampagne sollte sich vor allem mit Blick auf wichtige spezifische gesellschaftliche Ereignisse, wie zum Beispiel der Schulbeginn, erschließen.
Auch wenn Kinder im Vergleich zu den Erwachsenen nicht schwer erkranken, so können sie die Infektion in die Familien hineintragen. Daher wäre eine Informationskampagne wichtig, Eltern zu animieren, sich impfen zu lassen, um dadurch ein Stück weit mehr Normalität für das kommende Schuljahr zu erreichen.
- Impfangebote niederschwellig planen unter Einbindung der Hausärzte
Die Impfbereitschaft der Bevölkerung steigern; möglichst viel geimpfte Menschen sind aktiver Schutz der Bevölkerung. Mit dem Impfangebot ist es nicht allein getan; die täglich Impfquote, will man die Durchimpfungsrate bis Oktober auf über 90% bringen, muss wieder steigen. In dieser Phase muss die Impfung zum Menschen kommen und nicht umgekehrt.
Dafür können unkonventionelle Wege gegangen werden: mobile Impfteams können vor Ort, in Stadtteilzentren, in Einkaufszentren, Kultur- und Jugendeinrichtungen jene Menschen erreichen, die bisher zurückhaltend waren. Hausärzte, Kinderärzte und Betriebsärzte sollen unter administrativer Mithilfe des Sanitätsbetriebes und entsprechender finanziellen Absicherung in die Impfkampagne aktiv einbezogen werden. Die Impfbusse sind ein gutes Beispiel für die Impfstrategie in den ländlichen Bezirken, aber sie sind nicht ausreichend, um die notwendige Impfquote in der Bevölkerung zu erreichen.
Wenn die tägliche Impfquote weiter rückläufig bleibt, muss über Anreize, wie sie in anderen Ländern zur Anwendung kommen (z.B. Gutscheine, Zuwendungen unterschiedlicher Art u.a.m.), nachgedacht werden. Abwarten ist keine Lösung. (Studie von Nora Szech – „Kompensationen – Impf- und Testbereitschaft steigern“ um bildungsferne Menschen besser zu erreichen).
Eine Steigerung der Impffrequenz kann nur über die Ärzte für Allgemeinmedizin und die Basiskinderärzte erfolgen. Das Vertrauensverhältnis und der Anlass einer Konsultation seitens eines Patienten kann Raum geben, ohne Vormerkung und mit Aufklärungsgespräch sich impfen zu lassen. Es müssen kreative Lösungen gefunden werden, die Ärzte für Allgemeinmedizin und Pädiater, ohne zusätzlichen bürokratischen Aufwand in die Impfstrategie des Landes einzubauen. Die bürokratischen Arbeiten sollten von jenen Personen erledigt werden, die bereits jetzt in den Gemeinden fürs Testen zur Verfügung standen.
- Niederschwelliges Testen beibehalten und gratis zur Verfügung stellen
Neben der Impfung ist die frühzeitige Erkennung von infizierten Personen durch zuverlässige Tests ein wichtiges Mittel, um Übertragungsketten aufzubrechen und die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.
Flächendeckendes Testen stellt damit ein wichtiges Instrument dar, um nachzuverfolgen, wo sich das Virus ausbreitet und ob es Infektionen auch bei geimpften Menschen gibt. Vor allem sollten die Tests für alle Urlaubsrückkehrer, inklusive Geimpfte und Genesene, gratis angeboten werden. Denn auch Genesene können das Virus weitertragen. Sicher können die Testungen langsam eingestellt werden, wenn eine entsprechend hohe Impfrate vorliegt. Die Testung muss sich an der Prävalenz orientieren, denn es macht wenig Sinn, wenn nur einer von 10.000 Tests positiv ist, so Prof. Weiß. Neben dem wichtigen Contact-Tracing, das rigoros beibehalten werden muss, soll eine „symptombasierte Teststrategie“ umgesetzt werden. Massenhaftes Testen von symptomlosen Personen muss wegen der hohen Fehlerquote kritisch betrachtet werden. Punktuelles Testen im Sinne eines „Sentinel-Systems“ sollte angewandt werden, sobald die Saison (Herbst) wieder losgeht. Dadurch erhält man einen guten Überblick über die Infektionssituation und kann entsprechende Planungen vornehmen.
Regelmäßige Tests in Schulen und Arbeitsstätten mit hoher Personendichte sollten beibehalten und finanziert werden. Vor allem in den Schulen sollte vermehrt die Speichel-Tests als Poll-Tests wegen der höheren Treffsicherheit (sind PCR-Tests) eingesetzt werden. Wichtig ist, dass die Tests von fachkundigem Personal korrekt durchgeführt werden. Diese Tests sollen in den Rahmen der Primärversorgung angewandt werden.
Es ist dringend notwendig, dass bei jedem PCR-Test gleichfalls Daten erfasst werden, ob, wie oft und mit welchem Impfstoff Patienten geimpft wurden oder ob sie bereits genesen sind. Nur so lässt sich feststellen, wie zuverlässig die Impfstoffe schützen und ob ihre Wirksamkeit nach einer Weile abnimmt. Für schnelle und wirksame Booster-Impfungen (Auffrischimpfung) sind diese Daten notwendig.
Die angekauften Nasenflügeltests sind bei der niedrigen Prävalenz sehr fehleranfällig. Besonders für Gruppentests ist zu prüfen, ob Gurgel- oder Spuckpooltests zu weitaus geringeren Kosten und niederschwelliger Anwendung zu besseren Ergebnissen führen könnten. Dabei sollte sich die Südtiroler Landesregierung mit der Strategie im Bundesland Wien und Oberösterreich näher befassen.
Auch ist für die Schulen im Herbst 2021 festzustellen, ob sehr stark vereinfachte Tests (Gurgel- oder Spuckpooltests) in Selbstanwendung durchgeführt werden könnten. Somit könnten Auseinandersetzungen zwischen Eltern, Familien, Lehrern, Direktoren und in Verantwortung stehenden Politikern umgangen werden und zur Überwindung teilweise kulturell unterschiedlich bedingter Mentalitäten zwischen deutschsprachig und italienischsprachig vorrangigen Bildungseinrichtungen beigetragen werden. Auch hier wäre eine Informationskampagne in Vorbereitung dieser Maßnahmen noch im Sommer zielführend.
- Masken in geschlossenen Räumen weiterhin verwenden
Eine vollständige Immunisierung (Impfung, Genesung) bietet zwar einen Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf und einer Krankenhausaufnahme, Geimpfte können aber weiterhin das Corona Virus übertragen. Daher gelten die AHA-L-Regeln weiterhin. Es muss weiterhin die Solidarität mit allen Menschen, die sich nicht impfen lassen können, wie Kinder, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen oder Frauen zu Beginn ihrer Schwangerschaft, gelten.
Die Aufrechterhaltung von Einschränkungen muss sich an der aktuellen Corona-Situation orientieren. Einschränkungen müssen fallen, wenn es dazu aus infektiologischer Sicht keinen Grund mehr gibt. Maßnahmen, die wenig in unser Leben eingreifen, andere hingegen schützen, sollten wir schon aus Solidarität weiterführen. Deshalb ist es falsch, Maskenpflicht in ÖPNV oder in geschlossenen Räumen, in denen kein Abstand gehalten und nicht ausreichend gelüftet werden kann, aufzuheben. Gerade wegen der hochansteckenden Delta-Variante sollte auch bei niedriger Inzidenz Vorsicht walten.
Das bedeutet, dass bei Einhaltung der normalen Hygieneregeln (AHA) und/oder der durch die Regierung verordneten 3-G Regel (genesen, geimpft und getestet) bei der Konsumation von Speisen und Getränken der Gebrauch der Masken am Tisch in Innenräumen nicht notwendig ist. Auch Kinder und Jugendlichen können bei negativen Tests, die zwei Mal die Woche durchgeführt werden, die Masken während des Schulunterrichts am Arbeitsplatz abnehmen.
Der Gebrauch des „Mund-Nasen-Schutzes“ muss somit „differenziert betrachtet werden“, so wie von der Dänischen Gesundheitsbehörde in der jüngst veröffentlichten Publikation gezeigt wird.
- Um Schulen, Kindergärten und Kitas in Präsenz zu garantieren, entsprechende Vorbereitungen treffen
Gerade in der ruhigen Sommerzeit sollten die Schulen auf einen Herbst mit Corona vorbereitet werden. Kinder unter zwölf Jahren können nicht geimpft werden und auch viele Jugendliche werden ohne Impfschutz zurück in die Schule kommen. Die Beispiele aus Israel zeigen, dass es gerade dann zu Ausbrüchen in den Schulen kommt. Wir müssen verhindern, dass erneut die Kinder und Jugendlichen mit ihren Familien die Leidtragenden der Pandemie werden.
Schulen und Kitas müssen so sicher wie möglich gemacht werden: Lüftungskonzepte, Luftfilter, Teststrategien (siehe oben), Masken und die Vermeidung großer Ansammlungen in geschlossenen Räumen (ÖPNV, Mensa usw.) können vor Ansteckungen schützen. Dazu bedarf es klarer Verantwortlichkeit im Bildungsassessorat. Die Einberufung eines Kita- und Schul-Gipfel durch die Landesregierung mit Fachleuten aus der Medizin, Pädagogik, Sozialwissenschaft und Vertretern der Gemeinden und Elternvertreter wäre sinnvoll, um einheitliche Empfehlungen für die Schulen nach den Ferien zu erarbeiten (Erarbeitung eines Delta-Leitfadens für die Schulen).
Im Herbst und Winter wird das Lüften in Schulen ein Problem, deshalb sollte der Einbau von Filteranlagen vorangetrieben werden. Von der Landesregierung sollte eine Luft-Filter-Förderprogramm aufgelegt werden, damit in den Klassenräumen mobile Filteranlagen zur Verfügung stehen. Lüftungsanlagen sollten als Infektionsprävention zum Schulbaustandard werden.
- Krankenhäuser und Intensivstationen bestmöglich vorbereiten
Die vierte Welle wird anders sein, weil viele der Risikopatienten schon geimpft sind. Dadurch dürften die Covid-19 – und die Intensivstationen weniger stark belastet werden. In die Bewertung der 4. Welle müssen neben der 7-Tages-Inzidenz auch die Belastung der Krankenhäuser und der Intensivstationen mit berücksichtigt werden. Nur in der Zusammenschau der Hospitalisationsrate mit den SARS-CoV-2 Infektionszahlen dürfen die Entscheidungen zu einschränkenden wirtschaftlichen und freiheitseinschränkenden Maßnahmen getroffen werden. Im Südtiroler Gesundheitswesen darf es zu keiner Überlastung der Intensivstationen mehr kommen. Auch in Zukunft werden kontinuierlich Corona-Patienten auf den Intensivstationen landen, aber nicht in überdurchschnittlichen Zahlen wie in der Hochzeit der Pandemie. „Corona wird deswegen aus intensivmedizinischer Sicht tatsächlich zu einer normalen Grippe“, so Prof. Dr. Gernot Marx (Präsident der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin – DIVI).
Die entsprechenden Infrastrukturen mit ausgebildetem Personal müssen vorhanden sein und müssen diese zusätzlichen Fallzahlen ohne Einschränkungen der übrigen medizinischen Leistungen bewältigen können.
Das Coronavirus wird uns erhalten bleiben, wie auch die Grippe, aber man muss lernen damit zu leben. Einschränkende Maßnahmen zur Covid-19-Pandemieeindämmerung dürfen nur mehr die Ausnahme sein.
- Standardisierte Antikörpertests zur Erfassung des Immunisierungsstatus in der Bevölkerung durchführen
Im Gegensatz zur Durchimpfungsrate, die in den Medien in unterschiedlicher Weise diskutiert werden, scheint der Anteil der natürlichen Immunisierung kaum eine Rolle zu spielen. Gerade die Erhebung der Universität Tartu in Estland, wo monatlich eine repräsentative Querschnittsstudie mit über 2000 Teilnehmern durchgeführt wird, zeigt, dass die steigende Immunisierung der Erwachsenen von 11,5% Antikörper im Februar 2021 bedingt durch Impfung und Infektion der Bevölkerung auf 68% im Juni mit Extrapolation Mitte August deutlich über 80% liegen werde. Dadurch geht die Bevölkerung langsam in Richtung Herdenimmunität von über 90% mit Beginn der Herbst-Winter-Saison.
Die entscheidende Rolle für die Infektionsausbreitung des SARS-CoV-2 Virus in der Bevölkerung stellt nun mal die Immunität – egal wie erworben, ob durch Infektion oder Impfung – dar. Wie hoch diese in Südtirol in den verschiedenen Altersgruppen und Regionen ausschaut, weiß niemand. Bereits im Herbst des Jahres 2020 wurde von Team K darauf hingewiesen, dass zur Planung der Maßnahmen zur Bekämpfung der SARS-CoV-2- Infektion die immunologischen Infektionsparameter notwendig sind, um die Durchseuchung der Bevölkerung zu kennen. Um darüber Bescheid zu wissen, sollte so wie in Estland und in England eine monatliche repräsentative Querschnittsstudie mit einer statistisch berechenbaren Größe zur Immunität in den verschiedenen Altersgruppen und Landesregionen durchgeführt werden. Gerade die Debatte über eine bevölkerungsweite Impfpflicht ohne Wissen über die Grundimmunität (speziell in den Risikogruppen) ist erstaunlich. Dies trifft vor allem für die Kinder zu.
- Abwasserbasiertes Monitoring Konzept umsetzen
Durch ein flächendeckendes Monitoring der Abwässer in den Kläranlagen gelingt mit minimalem Aufwand eine frühzeitige Cluster-Erkennung im Einzugsgebiet der Abwässer. Dadurch können präventiv Infektionsherde vor Ausbruch der Erkrankung erfasst werden. Diese Technik ist flexibel einsetzbar (Tourismusorte, Gesundheitseinrichtungen, ganze Städte, große Unternehmen) und ist sehr kosteneffizient.
Denn durch die Untersuchung des Abwassers am Einlauf der Kläranlagen kann man das Vorkommen des Virus im Einzugsgebiet der Kläranlage überwachen und auf anonyme Weise auf dessen Verbreitung innerhalb der Bevölkerung eines bestimmten Gebietes schließen. Die Methode ist nicht-invasiv, effizient sowie kostengünstig und ermöglicht eine anonyme Datenerfassung.
Im Grunde handelt es sich um ein datenschutzrechtlich vorteilhaftes, aber geographisch punktgenaues und vor allem rascheres Contact-Tracing, wodurch sich mittels der Ergebnisse von Abwasseruntersuchungen der Verlauf einer Corona-Epidemie vorhersagen lässt.
Denn das genetische Material des Virus ist bereits zu Beginn eines epidemischen Ausbruchs im Abwasser nachweisbar, und zwar noch bevor erste klinische Fälle bekannt werden. Steigt die Ansteckungszahl an, nimmt auch die Menge an genetischem SARS-CoV-2-Material im Abwasser zu. Nach Genesung der Personen verringert sich die nachweisbare Menge. Der Rückgang erfolgt langsam, da der menschliche Organismus auch nach Abklingen der Beschwerden noch einige Wochen lang das Corona-Virus ausscheiden kann.
Ein kluges Abwassermonitoring unterstützt Entscheidungen über eventuell nötige Einschränkungsmaßnahmen, die somit auch auf Zonen mit größter Viruszirkulation beschränkt bleiben können. Die Probenentnahme kann auch unter bestimmten Bedingungen (Stromanschluss, Kühlung, usw.) in Kanalschächten vor dem Hauptkanal entnommen werden.
10. Unsere Gesellschaft wieder zusammenführen
Nicht um Geimpfte oder Nicht-Geimpfte darf es in letzter auch medizinischer Konsequenz gehen, sondern um Geschützte und Nicht-Geschützte. Es ist anzuerkennen und eine Errungenschaft unserer Demokratie, dass das verfassungsmäßige Recht auf Gesundheit besteht. Es würden alle arbeitsrechtlichen Bestimmungen ad absurdum geführt, wenn wir als Gesellschaft weiter uns am Impfen spalten würden.
Entscheidend ist die Schutzwirkung. Um zwischen Impfbefürworter und Impfgegner aufeinander zu zugehen, muss anerkannt werden, dass mit einer Impfung nicht in jedem Fall sichergestellt ist, dass auch eine Impfwirkung durch die Bildung entsprechender Antikörper besteht. Hier bieten sich Antikörpernachweise an, die in ähnlicher Weise mehr als bisher Anerkennung finden sollten gegenüber Personen, die auf Grund einer bewusst oder unbewusst durchgemachten Infektion als mit Antikörper ausgestattet dann gelten, wenn ein entsprechender Nachweis beigesteuert werden kann. Dies würde ehrlicherweise von der Impfung als Mittel zum Schutz als Ziel führen, welchem wissenschaftlich in nicht bekanntem Maß auch dann Rechnung getragen sein dürfte, wenn eine Infektion durchgestanden wurde. Hier muss in der Tat eine stärkere Anerkennung stattfinden.
In jedem Fall bleibt die Eigenverantwortung der einzelnen Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Gesellschaft eines der grundlegenden Elemente, mit denen jede Person dazu beiträgt, die Ausbreitung des Virus zu begrenzen.