Grundsätzliche Vorbemerkung:
In seiner progressiven Haushaltsrede des letzten Jahres sprach der Landeshauptmann noch von Nachhaltigkeit und Klima. Was wir nicht wussten: zu der Zeit gab es in Italien bereits die ersten Covid-Fälle, noch als atypische Lungenentzündungen definiert. Und heute, nur 12 Monate später, befinden wir uns in der größten Rezession der Nachkriegszeit, deren wirtschaftlichen aber auch sozialen Folgen uns noch lange Zeit begleiten werden. Die Corona – Katastrophe: ein Monopol Thema 2020, auch in der Politik. Anmerken möchte ich hier: die noch viel größere Katastrophe, auf die wir weiterhin zusteuern, ist trotzdem noch die Klimakatastrophe. Möge es in der Haushaltsrede 2021 des Landeshauptmanns also wieder um Nachhaltigkeit und Klima gehen, zu wünschen wäre es.
2020 ist das Jahr der Pandemie in Europa und in der Welt. Ein Virus hat uns gezeigt, wie zerbrechlich unsere Wirtschaften sind, wie anfällig unsere sozialen System, wie schwach unser Gesundheitswesen. Auch das Südtiroler Gesundheitswesen. Mit 1,43 Mrd Euro dotiert, aber unvorbereitet im Kampf gegen eine Pandemie, nicht in der Lage die Versorgung zu garantieren sobald die Belegung der Betten vor allem in den Intensivstationen ein paar Dutzend übersteigt. Wir wissen: Selbst mit der Aussicht auf eine baldige Verteilung hochwirksamer Impfstoffe gegen das globale Sars-Cov-2 Virus an die Bevölkerung stehen noch Monate einer entbehrungsreichen gesundheitlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bewährungsprobe auch für das Land Südtirol bevor, welches unser Landeshauptmann oft und zu Recht als „Europa im Kleinen“ zitiert. Bei Erstellung dieses Minderheitenberichts ist nur soviel sicher: trotz einer durchaus erfolgreichen Massentestoffensive durch die Landesregierung, die bei aller im Vorfeld angebrachten wissenschaftlichen Skepsis auch ein starkes Zeichen patriotischer Übung mit reichlichem Image-Zugewinn für Südtirol vor allem im Ausland war, bleibt fraglich, wohin der weitere Weg führen wird.
Dies lässt sich auch am Umstand ablesen, dass selbst im Wintersportland Südtirol erst mit Beginn 2021 eine touristische Wintersaison eingeläutet werden soll. Und selbst dann kaum Aussichten auf einen Erfolg derselben bestehen. Angesichts dieser Ausgangslage bleibt schwer abzusehen, wie der maßgebliche Wirtschaftsmotor des Tourismus mit seinen Tausenden Betrieben und Abertausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seine wieder Fahrt aufnehmen kann, ja sogar wann und ob er je wieder derart kraftvoll laufen wird. Berücksichtigt man zudem angesichts täglich hoher Neuinfektionen eine in vielen EU Mitgliedstaaten mittlerweile grassierende negative Stimmungslage, wonach sogar ernsthaft ein „Skianlagen-Boykott“ erstmals unter Federführung Italiens und des Freistaats Bayern Teil der öffentliche Debatte werden konnte, sieht sich auch das Land Südtirol mit der Frage des angemessenen Umgangs mit einem generellen Sentiment konfrontiert, welchem nur zum Teil mit rational nachvollziehbaren Argumenten, Sicherheitskonzepten und Treffsicherheit regionaler und lokaler Maßnahmen begegnet werden kann.
Da erscheint kaum mehr als zartes Fünkchen Hoffnung, wenn zu Anfang Dezember schrittweise die Wiederinbetriebnahme der Geschäfte, des Handels zur bescheidenen Teilrettung des Weihnachtsumsatzes erfolgen soll. Auch die Eröffnung der Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen (mit Ausnahme ab Oberstufe) in Präsenz vermögen in diesem Zusammenhang nur streckenweise einen Hauch alter Normalität zu vermitteln. Schließlich erholt sich die gesundheitliche Gesamtlage nur langsam und vor allem bleibt der Druck auf die Krankenhausintensivstationen unvermindert hoch.
Auch wenn die Analyse des Haushaltsvoranschlags 2021, 2022 und 2023 selbstredend einschneidend von den durch die Pandemie angerichteten gesundheitlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verwerfungen geprägt ist, so muss doch angemerkt werden, dass der Ausblick auf die Haushaltsgebarung von 2021 bis 2023 durch die Südtiroler Landesregierung in der Substanz auch weiterhin ein Weiterschreiben der vorausgegangenen Finanzjahre bleibt. Zudem ist 2020 auch das 7. Jahr der Führung dieses Landes unter der Regierung Kompatscher I und II, und in diesem 7. verflixten Jahr wird durch das Bemühen seiner Regierung um Bewältigung der Pandemie in Südtirol wie durch ein Brennglas deutlich, welche strategiepolitischen Versäumnisse mittel-bis langfristig unser Land und die hier lebenden und arbeitenden Bürgerinnen und Bürger teuer zu stehen kommen könnten.
Denn Corona und die damit verbundene völlig neue Situation sinkender Einnahmen sind für das an jährlich neue Rekordhaushalte gewöhnte Südtirol und seine Landesregierung wie ein Brennglas, das die Folgen des Mangels an umfassender Reformbereitschaft nun schmerzlich ans Tageslicht bringt. Jene Reformbereitschaft, welche vor allem zu Beginn der Regierung Kompatscher I noch selbstbewusst der Öffentlichkeit in Aussicht gestellt wurde, unter anderem auch unter dem Stichwort “Zero Base Budgeting”.
Niemand verlangt, dass bei diesen haushaltspolitischen Überlegungen zur Weiterentwicklung unseres Landes mittels tiefgreifender Reformbemühungen auch völlig unvorhersehbare Ereignisse wie das Auftreten einer weltweiten Pandemie hätte mit berücksichtigt werden sollen. Es soll viel eher auf besagte Einlösung eines Versprechens gepocht werden, mit dem 2013 der amtierende Landeshauptmann angetreten ist, und zwar konsequent und sukzessive alle Posten des öffentlichen Haushalts zu durchforsten, um schon unter seinem Vorgänger immer rarer gewordene finanzpolitische Spielräume zu eröffnen. Die Aussage man habe den realen Bedarf und die Anforderungen geprüft, kann angesichts des praktisch linearen Weiterschreibens historischer Haushaltsposten nur als Ausrede gelten.
Weg vom Fortschreiben eines Ist-Zustandes, der selbst bei einer Jahrhundertpandemie nur geringfügigen Änderungen unterzogen wird, und hin zur investitionsgestützten Zukunftsplanung und Zeichnung eines die nächsten Jahrzehnte umspannender Soll-Zustandes: nach wie vor bleibt es ein dringendes Gebot der Stunde, ja ein Appell an die Landesregierung, öffentliche Ressourcengewinnung, Effizienz, Planung, Umschichtung und Einsatz vermehrt durch die Brille jener erforderlichen Massnahmen zu betrachten, durch welche kurz- und vor allem mittel- und langfristig das Wohl der jüngeren und vor allem zukünftigen Generationen Südtirols gesichert werden kann.
Denn lange vor den auch im Südtiroler Haushaltsvoranschlag 2020 nicht zu vermeidenden Covid-19 Belastungen und Einschränkungen in Form von Einnahmen- Rückgängen und unumgänglichen Ausgabenkürzungen mit erwartbaren Umschichtungen zur Stützung des Gesundheitswesens und zur massiven Stützung der Familien und Unternehmen hat nicht zuletzt auch dieser Landeshauptmann in seiner zweiten Amtsperiode die klare Hoffnung genährt, nach fünf Jahren als vorrangiger Verwalter dieses Landes zu seinem Gestalter werden zu wollen. Nun hat Schadensbegrenzung zu einem Gutteil das gesamte Handeln dieser Landesregierung 2020 notgedrungen geprägt.
Allein die über das Jahr 2020 hindurch durch Covid-19 erforderliche Maßnahmen zur Unterstützung von Familien und Unternehmen bereitgestellten Mittel, gemessen an den Gesamt-Mitteln des Landeshaushalts, umfassen fast eine halbe Milliarde Euro.
Genauer gesagt hat die Landesregierung 428 Millionen Euro im Landeshaushalt für Massnahmen zur Abfederung der pandemiebedingten Krise bereitgestellt. Diesen Mehrausgaben stehen zudem Mindereinnahmen von fast 550 Millionen Euro gegenüber, die unter anderem durch geringere Steuereinnahmen bedingt sind.
Allein beim Gesamtvolumen der zur Kreditfinanzierung über Banken gestellten Beiträge für Familien und Unternehmen (ca. 362 Millionen Euro) beträgt der Landesanteil über 10 Millionen Euro – bei ca. 5000 Gesuchen. Zudem kommen 1,7 Milliarden Euro an öffentlichem Volumen, das ca. 20 Tausend Begünstigten gestundet wurde. Ähnliche eindrückliche Stützungsmaßnahmen, wenn auch nicht überall sofort ausgezahlt, wirkten auf den Arbeitsmarkt: über 170 Millionen Euro für die Lohnausgleichskasse wurden zweckgebunden und davon wurden ca. 90 Millionen Euro effektiv ausbezahlt.
Dem ist zuzurechnen das gewaltige Krisenpaket für die Südtiroler Wirtschaft mit ca. 100 Millionen Euro für Kleinbetriebe bis 5 Mitarbeiter, welche ca. 20 Tausend Betrieben zu Gute kommen konnte, die Umsatzausfälle von mehr als 50 Prozent zu beklagen hatten und welche in erster Linie aber der Sicherung der Beschäftigungslage dienlich waren.
Ganz zu schweigen von einzelnen in Summe erklecklichen Finanzierungsschienen für die einzelnen Tourismusorganisationen und vor allem für eine One-Off Destinationswerbeinitiative von allein 35 Millionen Euro zu Gunsten der Marketinggesellschaft des Landes, der IDM, obwohl gerade durch den massiven Einbruch des Tourismus, aber auch durch den Quasi-Total Wegfall des gesamten Kulturlebens gerade diese Branchen erhebliche Einnahmenseinbußen zu verkraften hatten. Es muss wohl ein offensichtlich hoher Grad an Selbstbeschäftigung in der IDM toleriert werden, dass zum Beispiel auch nach drei Jahren seit der Gründung diese bei ihren Fusionsbestrebungen derart unübliche Blüten treiben konnte wie die quasi gänzliche Beibelassung der Höhe des Mitarbeiterpools mit in Folge veranlasster Teil-Verbeamtung desselben. Es ist müßig darauf hinzuweisen, dass dieses strukturelle Kuriosum unter privatwirtschaftlichen Maßstäben völlig unvorstellbar wäre.
A propos Innovation und Kreativwirtschaft: schön und gut für Kulturschaffende war auch die Schaffung der Möglichkeit von Sofortmaßnahmen in der Höhe von ca. 2 Millionen Euro, aber was würde sinnbildlicher für den bekannten Tropfen auf dem heissen Stein stehen? Freilich mag sich diese Kulturbilanz etwas aufhellen, wenn man als Ausfallentschädigung der Jugendherbergen und Bildungshäuser um die 7 Millionen Euro als Sofortmaßnahmen für den Kulturbereich hinzurechnet. Unter dem Strich aber zeigt sich gerade im Kulturbereich, was falsches Timing und das gänzliche Fehlen von Verständnis für die Dynamik dieser ansonsten stets auf Innovation und Anpassung gepolten Branche durch bruchstückhafte, die Eigeninitiative nicht klug ansprechende politische Maßnahmen seitens der obersten Verantwortungsträger anrichten kann. Beispielhaft zeigt sich an der Kulturwirtschaft, dass andere Interessenvertretungen im Umgang mit der Landespolitik die Nase vorne haben.
So wie auch den Haushaltsvoranschlägen 2021-2023 das Prinzip innezuwohnen scheint, für alle Bereiche ein bisschen, aber keine wirkliche Stossrichtung, sondern eher Ressourcenzuteilung die sich am Gestern ausrichtet, so ist auch die keinem erkennbaren roten Faden folgende Bereitstellung öffentlicher Mittel zur Bekämpfung der Folgen der Covid-19 Pandemie zu beurteilen.
Una tantum Stützungsmaßnahmen schienen überhaupt ein beliebtes Förderinstrument bei der Landesregierung zu sein: so auch die mitunter an spezifische Betriebsmonate gekoppelte Einmalförderungen für krisenbetroffene Branchen z.B. Reisebüros, Personentransportunternehmen, Eventdienstleister, Diskothekenbetreiber. Allein für um die 200 Autragsteller in diesem Branchen machte die Landesregierung weitere knapp 10 Millionen Euro locker.
In der Rückschau auf den Löwenanteil der Unterstützungsmaßnahmen auf Grund der Covid-19 Pandemie fielen insbesondere die Stundungen der Ratenzahlungen der Kapitalraten von geförderten Darlehen oder Leasingfinanzierungen über den Rotationsfonds ins Gewicht, aber auch im Landeshaushalt nicht hervortretend die grundsätzlichen auf Grund von Stundungsmaßnahmen zeitweiligen Einnahmenlücken auf Ebene der Gemeinden.
Das Bild der Covid-19 Maßnahmen des Landes wird allerdings erst komplett mit dem ansonsten im Landeshaushalt ohnehin sehr gewichtigen Sozialbereich. Hier schlagen Entschädigungszahlungen für Dienste im Ausmaß von ca. 16 Millionen Euro zu Buche bei ca. 13.000 Anträge, davon ca. 1300 Familien und Bürgerinnen und Bürger, die mit ca. 2 Millionen Euro durch die Covid-19-Soforthilfe unterstützt wurden. Hinzu kommen ca. 9 Millionen bei 6000 Anträgen auf Covid-19-Sondermietbeiträge und Sonderbeiträge für Wohnungsnebenkosten und last but not least weitere 5 Millionen Euro für ein Covid-19-Kindergeld für ca. 8000
Abschließend sind im Sozialbereich noch ca. 22 Millionen Euro als Ausgleich für entstandene Mehrkosten für die Träger der Sommer- oder Nachmittagsbetreuung, der Kleinkindbetreuung, der Seniorenwohnheime und der Sozialdienste vorgesehen. Dessen Löwenanteil betrifft allerdings die Sonderprämien, die an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Seniorenwohnheime und der Sozialdienste ausbezahlt werden im Ausmaß von 5 Millionen Euro, während die anderen 5 Millionen Euro den Sonderprämien für die Sanitätsmitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuzurechnen sind.
Der allgemeine Eindruck bei der institutionellen Bewältigung der Covid-19 Pandemie war, dass es nicht ausreichend gelungen ist, für die Krisenbewältigung in den einzelnen Verwaltungsabteilungen und -Ämtern personelle Ressourcen weder für die übliche Verwaltungsroutine noch für die Überlegungen für die Zeit nach Covid-19 zuzuschlagen. Dies schlägt somit auch ganz deutlich aus dem Aufbau des Haushaltsvoranschlag bei einer ersten allgemeinen Analyse entgegen.
Und es beginnt sich immer deutlicher bemerkbar zu machen, wie selbst aus den eigenen obersten Reihen heraus, immer wieder der Vision des Landeshauptmanns Sand ins Getriebe gestreut wurde, Südtirol als Europa im Kleinen weiter zu verankern und dadurch dem Land nach 24 Jahren seines Vorgängers und dessen auf die Errichtung und Verankerung von Hardware gepolten Politik nun der Schaffung von Software den Vorrang zu geben, samt Anknüpfung an den weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe. Beginnend mit der Eindämmung der Abwanderung unserer eigenen klugen Köpfe.
Unvergessen ist in diesem Zusammenhang im Jahr der Landtagswahlen das teilweise publik gewordene Hickhack und Versteckspiel um die Veröffentlichung des seit Jahren in Arbeit stehenden Berichts zur Überprüfung der öffentlichen Ausgaben mitsamt entsprechender Verbesserungsvorschläge, der zwar weit entfernt davon war, eine Verwaltungsreformvision darzustellen, dennoch aber richtige Akzente für die Bewältigung und den Abbau bekannter Hemmschuhe der Zukunft Südtirols wertvolle Impulse für die Vision des Landeshauptmanns gegeben hat.
Mit Covid-19 allerdings haben sich all diese nicht in Angriff genommenen Reformerfordernisse um ein Vielfaches verstärkt und erstmal seit Jahrzehnten Regierung und Opposition verdeutlicht, in wie vielen mitunter lebenswichtigen Bereichen Südtirol sozusagen “auf Kante genäht” ist und gleichzeitig in wie vielen vielleicht weniger lebenswichtigen Bereichen Südtirol nach wie vor des Steuerzahlers Füllhorn ausschüttet. Und selbst nach Durchsicht des Haushaltsvoranschlags und Entwurfes zum Landesstabilitätsgesetz meint, weiter ausschütten zu können.
Dabei werden allerdings drei Aspekte ausgeblendet:
- Die drei Bereiche, die zu einem überragenden, ja systemrelevantesten Anteil zur Schaffung von Wohlstand in Südtirol beitragen, Industrie, Handwerk und Handel sowie vor allem Tourismus, den dann eine Landesregierung verteilen kann, befinden sich durch die Pandemie systemisch gleichzeitig in einem Klima maximaler innerer und äußerer Unsicherheit.
- Selbst wenn ein Reformwille vor allem des öffentlichen Sektors auch Pandemie bedingt bei der Landesregierung bereits ausgebrochen wäre, würde es sicher weit über den Horizont des nächsten Haushalts dauern, um spürbare Effekte bei der dringend notwendigen Senkung der Fortschreibung des Ist-Zustands bei den laufenden Ausgaben erwirken und ablesen zu können. Nicht nur das: ohne Verfassungsänderung im Einvernehmen mit Rom kann das Land Südtirol nicht einseitig Schulden aufnehmen, um gegebenenfalls den Familien und Unternehmen weit in 2021 Unterstützungsmaßnahmen in Abfederung der Pandemie-Auswirkungen zukommen zu lassen – dies entgegen völlig irreführenden und unrealistischen Angaben, mit denen der Wirtschaftslandesrat noch im April aufgefallen ist, den Status Quo „auf Pump“ finanzieren zu können, was gleichbedeutend einer hochrangigen offiziellen Stellungnahme seitens politischer Verantwortungsträger entspricht, dass das Land Südtirol – Pandemie hin oder her – keine wirklich dringenden und vor allem tiefgreifenden Reformen ins Auge fassen müsse.
- Zur dauerhaften Sicherung des Wohlstands mittels Einnahmen aus Einkommensteuer im Anteil der 9/10 Abtretung durch den Staat des von natürlichen und juristischen Personen in Südtirol erwirtschafteten Wohlstands braucht es eine deutliche Attraktivitätssteigerung im Austausch und Umgang mit der öffentlichen Verwaltung.
Mag krisenbedingt die Niederlassungsfreiheit de-facto innerhalb der EU gestoppt sein, leidet Südtirol bekanntlich schon seit Anfang des 21. Jahrhunderts unter einer hohen Abwanderung sogenannter vorrangig akademischer „Leistungsträger“, um deren Talente und Ausbildungsqualitäten schon lange ein internationaler Wettbewerb um die besten Köpfe entbrannt ist. Südtirol muss hier auch seinem Selbstverständnis als Europa im Kleinen geschuldet anschließen – Stichwort Digitalisierung vor allem der Dienste der öffentlichen Verwaltung, gesteigerter Austausch über Best-Practice Erfahrung zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung, Aufbrechen von grassierender Klientelpolitik, welche insbesondere in Südtirol von starker Durchschlagskraft ist, weil sie von großen Interessenverbänden mit gleichzeitig kapillarer Vernetzung zu ihren tausenden Mitgliedern geprägt ist.
Bemerkungen zum Finanzabkommen
Während das Finanzabkommen mit Rom abgabenseitig Sicherheit bietet, indem die Beteiligung an der Zinslast des italienischen Schuldenberges festgeschrieben ist, zeigt sich in Zeiten drastischer Rückgänge der Steuereinnahmen des Staates, dass eine vergleichbare Sicherung oder zumindest ein Kompensationsmechanismus einnahmenseitig fehlt.
Letztes Jahr zur gleichen Zeit, also noch vor Corona, habe ich hier während der Generaldebatte zum Haushalt 2019 die Frage aufgeworfen, welche Sicherungen unser Finanzabkommen einnahmenseitig bietet: nämlich keine. Die Frage war freilich nicht in Voraussicht einer Pandemie, nein sie war bezogen auf das Risiko einer Flat Tax die eine Rechtsregierung in Rom durchaus bringen hätte können. Nun hat Corona die Rechtspopulisten in die Schranken gewiesen und deren Umfragewerte wohltuend deutlich reduziert, ebenso deutlich aber auch die Steuereinnahmen des Staates. Und somit ist die damals gestellte Frage nun brandaktuell. Antwort erhielt ich damals keine, heute wissen wir: Eine derartige Neutralitäts Klausel ist in Verhandlung, davon ist aber der heurigen manovra finanziaria in Rom noch nichts zu finden. Da Südtirol als Sonderautonomie besonders stark von Rückgängen der Steuereinnahmen in Rom betroffen ist, durch die anteilsmäßig hohe Beteiligung an den Staatssteuern, wurden im August Dekret (nicht ausreichende) Ausgleichszahlungen vorgesehen, vor allem aber mit Rom vereinbart dass ein Einnahmen-Volumen für 2020 und auch 2021 aus dem Mittelwert der 3 Vorjahre berechnet und garantiert wird. 370 Mio davon werden sofort zuerkannt, und in Zukunft der Saldobetrag überwiesen. Somit ist die finanzielle Stabilität vorerst gesichert, aber der Reformwille sollte ob dieses Warnschusses nun doch endlich wieder eine Auferstehung feiern.
Haushaltsspezifische Betrachtungen:
Da aufgrund des Abkommens mit Rom die Einnahmenseite definiert ist, kann trotz der Krise das Haushaltsvolumen 2012 und 2022 schon beziffert werden. Das gesamte Haushaltsvolumen wird für 2021 beläuft sich auf ca. 6,12 Milliarden Euro. Dadurch dass es sich um den Mittelwert der letzten drei Jahre handelt, kommt es in nächster Zeit nicht mehr zum seit Jahren verzeichneten Trend einer Zunahme der Haushaltsmittel, nein diese nehmen – wenn auch in stark abgemilderter Form – nun ab. 2020 waren es noch 6,32 Mrd. gewesen. Dasselbe Bild wird sich im nächsten Jahr präsentieren. Der geminderten Ausgabekapazität stehen weiterhin steigende laufende Kosten gegenüber.
Zu erwarten sind in den nächsten Jahren auch einschneidende Maßnahmen aus Rom, auch in Form von Besitzsteuern und Steuererhöhungen, die aufgrund der 90 prozentigen Abtretung der letzteren zwar kurzfristig wieder mehr Geld in die öffentlichen Kassen des Landes spülen werden, aber langfristig der Wirtschaft schaden und das Gefälle Italiens hin zum restlichen Europa wohl erhöhen werden. Südtirol, dessen wirtschaftliche Zahlen sich bekanntlich meistens zwischen jenen von Italien und den nördlichen Nachbarn bewegen, wird deshalb wohl auch seinen Abstand zu diesen letzten anwachsen sehen.
Lobenswert ist zu erwähnen, dass das Land vorerst an den bewährten Steuererleichterungen die in seiner Macht stehen (IRAP und Regionalzuschlag IRPEF) festhält und somit weiterhin auf über 300 Mio Euro verzichtet. Ob das so bleiben wird? Die Antwort liegt auf der Hand: wenn die Ausgaben nicht gekürzt werden können, wozu die Landesregierung offenbar nur in sehr bescheidenem Umfang fähig ist (siehe die erwähnten Schlagworte Zero Base Budgeting und Spending review, die eher als Slogans in die Annalen eingehen werden denn als reale Maßnahmen) dann werden über kurz oder lang die Einnahmen erhöht werden müssen. Und das heißt, Erhöhung der Landessteuern. Das wäre das Ende des Entlastungs-Kurses der Regierung. Die Frage die sich stellt ist nicht OB dies geschieht sondern nur WANN. Es sei denn, man ringt sich doch noch dazu durch, eine echte Spending review zu machen und durchzuziehen. Niemand in der Mehrheitspartei noch in der Regierung scheint dazu die Kraft und den Mut zu haben. Denn das hieße auch, die Wirksamkeit des Südtiroler Fördersystems zu hinterfragen und einige heilige Kühe Südtirols zu schlachten. Das Problem der SVP ist es seit Jahrzehnten, dass aber gerade diese wohl gemästeten heiligen Kühe ihre größten Wählerprfünde sind. Doch wird man um die Debatte des volkswirtschaftlichen Beitrags, des Anteils am BIP, der Wertschöpfung, und anderen Kennzahlen der verschiedenen Wirtschaftszweige im Verhältnis zu den Zuwendungen die diese aus dem Haushalt erhalten, nicht herumkommen. Die Zeit dazu wäre längst schon reif.
Der Haushalt besteht aus ca. 1.500 Budget Positionen von ein paar tausend Euro bis in die Milliarden. Im Großen und Ganzen aber kann man ihn in drei Haupt – Ausgaben Bereiche gliedern: Transferzahlungen, Personalkosten und Ankauf von Dienstleistungen von Dritten.
Höchst an der Zeit wäre insbesondere eine eingehende Analyse, welchen konkreten Nutzen die Transferleistungen im Einzelnen haben. Fast die Hälfte des Landeshaushaltes geht in Form von zahllosen Transferzahlungen an Bürger, Unternehmen und andere öffentliche Verwaltungen. Generieren wirklich alle diese Transferzahlungen den erwünschten Nutzen oder generieren sie oft nur Mitnahmeeffekte? Eine Analyse auf der Grundlage der international erprobten PART-Leistungsmessung brachte ein ernüchterndes Ergebnis: Nur knapp 20 Prozent der Transfergelder an Bürger und Unternehmen wirkten wirklich. Neun Prozent sind ineffektiv, 47 Prozent gerade einmal ausreichend. Für die restlichen wird die Wirkung nicht dokumentiert. Effizient sind hingegen die Transferzahlungen an Gemeinden und andere öffentliche Verwaltungen – zu immerhin 75 Prozent. Fazit: dringende Handlungsbedarf. Ab heuer erst recht.
Um das Haushaltsvolumen in seiner anfänglichen Bereitstellung im grünen Bereich zu halten, wurde diesmal im Unterschied zu den letzten Jahren sprichwörtlich alles “zusammengekratzt” was nur ging, DANC (stolze 650 Mio), Euregio und Rotationsfonds inklusive. Damit nicht genug: erstmals werden Körperschaften und Landesbetriebe auch Schulden machen, um ihren angestammten Platz im Landeshaushalt für andere Bereitstellungen frei zu machen, siehe WoBi, STA und wohl auch Noi Techpark. Wir ziehen somit schon etwas Reichtum der Zukunft in die Gegenwart vor – auf Kosten der nächsten Jahre. Das heißt im Gegensatz zu den früheren Jahre diesmal aber auch, dass der Nachtragshaushalt heuer nicht mehr als Trostpflaster für die am Anfang Enttäuschten herhalten kann.
Auch, und das stimmt bedenklich, wird es 2021 keine zusätzlichen Mittel für die Covid- gebeutelte Wirtschaft geben, trotz der einhelligen Prognose, dass die Krise besonders im nächsten Jahr hart greifen wird. Dafür stehen schlichtweg nicht mehr die Mittel zur Verfügung, im Unterschied zum Frühjahr dieses Jahres – sollte es nicht noch zu Stundungen der Jahresüberweisung der 486 Mio laut Finanzabkommen nach Rom kommen.
Die freie Verwendung des Verwaltungsüberschusses wurde im Zuge gesetzlichen Neuerungen weitestgehend eingeschränkt. Es stellt sich nun die Frage, ob dieses Instrument in Zukunft noch als Indikator für das Anfeuern von Investitionen in der zweiten Hälfte des Haushaltsjahres ein aussagekräftiger Indikator ist und welche Instrumente man finden muss, damit notwendige Impulse für Wirtschaft und Gesellschaft entstehen. Fakt ist hingegen, dass der Überschuss zum Großteil bereits zweckbestimmt ist. Auch stellt sich die Frage wie Südtirol die notwendigerweise aufgenommenen Schulden abbauen wird und trotzdem den Anforderungen der Gesellschaft entsprechend nachkommt.
Daneben muss wie gesagt noch berücksichtigt werden, dass, wie bereits mehrfach öffentlich kundgetan, der Landeshauptmann die knappen Mehrheitsverhältnisse vor allem in der Abgeordnetenkammer durch einige wenige aber maßgebliche SVP Stimmen bei allfälligen Nachverhandlungen mit Rom in die Waagschale werfen will.
In diesem Zusammenhang stehen nämlich Mittel aus Rom in Erwartung, zumindest einen Teil der Mehrfachausgaben, die für den Bereich der Gesundheitsversorgung 1,5 Milliarden betragen (das heißt mit zusätzlichen 200 Millionen Euro einer um mehr als 10 Prozent höheren Budgetierung dieses Bereichs im Vergleich zu den beiden letzten Landeshaushalten von 2019 und 2018) als Rückerstattungen von Corona-Sonderkosten für das Gesundheitswesen und die Transportdienste abfedern zu können. Und schließlich ist der Staat dem Land noch die Überweisung der Erlöse aus den Glückspielsteuern und Akzisen früherer Jahre schuldig. Auch auf diese Nachzahlungen durch Rom ist der Haushaltsvoranschlag 2021 aufgebaut.
Die als Antwort der gesamten EU vorrangig für Italien in den nächsten 7 Jahren des Horizonts des EU Haushalts kolportierten in Summe 209 Milliarden bereitzustellenden Mittel zur Überwindung der schweren wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen in Folge der Covid-19 Pandemie auf Südtirol heruntergebrochen bedeutet, dass 2,7 Milliarden Euro in den nächsten Jahren gerade für jene Investitionsoffensiven bereit stehen könnten, die sich Südtirol schon lange auf die Fahnen geschrieben hat: Stichworte sind Green Investments, Infrastrukturprogramme, Digitalisierung. Nicht abe rdie Finanzierung klassischer Haushaltsposten, schon gar nicht von laufenden Ausgaben.
Pandemie hin oder her – seit Jahren steigert sich von Finanzjahr zu Finanzjahr der Anteil der öffentlichen Ausgaben zur Aufrechterhaltung des Status-Quo, die laufenden Kosten, in nahezu allen Lebensbereichen der Südtirolerinnen und Südtiroler an die Marke von 75%. Hier bildet der Haushaltsvoranschlag 2021, 2022 und 2023 erwartungsgemäß keine Ausnahme und kann sie in diesem Jahr auch nicht bilden.
Steigende laufende Kosten stellen in Zeiten ebenso steigender Einnahmen kein allzu großes Problem dar. Nun aber, in einer Situation bestenfalls stagnierender bzw abnehmender Haushaltsvolumen werden dieselben zum Damoklesschwert: mit dem sich reduzierenden Volumen an Mitteln für Investitionen können kaum noch antizyklische Maßnahmen seitens der Landesregierung geplant und finanziert werden, andersherum gesagt: es kann nur schwerlich eine sich niederschlagende Wirtschafts-und Konjunkturpolitik forciert werden.
Der veranschlagte Landeshaushalt für 2020/21/22 schreibt einen Trend fort, der die Haushalte der letzten Jahre der Autonomen Provinz Bozen kennzeichnet: nach wie vor sehr hohe zur Verwendung stehende öffentliche Mittel, allerdings auch immer höhere laufenden Kosten zur Aufrechterhaltung des Ist-Zustandes, was zu einer Einengung des Investitions-Spielraums und der zur Verfügung stehenden freien Mittel für wichtige Zukunfts-Vorhaben führt. Kurzum, die Landesregierung mit dem für Finanzen und für die Leadership im Land verantwortlichen Landeshauptmann Arno Kompatscher hat in dessen zweiter Amtszeit wiederum einen Landeshaushalt vorgelegt – ganz im Zeichen eines Weiter-so! , wohingegen bedauerlicherweise eine klar erkennbare Vision für das Land und seine Menschen, ein langfristiger Horizont dieses viel beschworenen und richtigerweise anvisierten “Europas im Kleinen” zumindest im Landeshaushalt nicht erkennbar werden.
Eine grundlegende zukunftsorientierte, enkel-fitte Neuausrichtung bleibt ein nicht eingelöstes Versprechen. Ein Zero Base Budgeting auf Grundlage einer tiefgehenden Spending review (deren Resultat wir bis heute nur auszugsweise kennen) scheint weiterhin in weiter Ferne. Deshalb stellt der Haushaltsvoranschlag auch heuer wieder vor allem ein Weiterschreiben historischer Haushaltsposten dar.
Es muss jedoch insbesondere seit und mit Blick auf die Zeit nach Covid-19 möglich sein, auch durch Änderung der Finanzierungsmöglichkeiten und in Form einer Abkehr von der Beitragslogik Unterstützungen in Aussicht stellen zu können, welche einerseits eine Entlastung des öffentlichen Haushalts mit sich bringen und andererseits Eigenverantwortung und Initiative der Südtirolerinnen und Südtiroler stärken. In dieser Einordnung des Niederschlags auf das Finanzgebaren der Landesregierung bei Würdigung der maximal prognostizierbaren Belastungen durch die Covid-19 Pandemie darf nicht vergessen gehen, dass ein zweifelsfrei ordentlich verwaltetes Land von einer Bevölkerung getragen wird, in der das Arbeitsethos hoch und die Steuerehrlichkeit beispielhaft in Italien ist.
Bemerkungen zu den Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Landesstabilitätsgesetz für das Jahr 2021
Der LGE 67 stellt leider einen Rückfall in altbekannte Omnibus Gesetzgebung anläßlich des Haushaltes dar, nach der wohltuenden Ausnahme von 2019, mit einem Sammelsurium an haushaltsfremden Bestimmungen die auch großteils nicht durch eine besondere Dringlichkeit angesichts der Covid – Krise zu rechtfertigen sind
Über 18 Artikel, zu denen sich wie üblich im Gesetzgebungsausschuss noch weitere gesellt haben, womit der LGE auf 25 Artikel angewachsen ist, wird alles mögliche geändert und bestimmt: Lehrpersonal, Personalanwerbung im Sanitätsbetrieb, Urlaub am Bauernhof, Gewässer, Landesagentur für Umwelt, Lärmbelastung, Energieeinsparung, Handwerksordnung, Personalordnung, Arbeitsmarktförderung, Euregio Plus, Vermögensverwaltung, Ombudsstellen, bei denen man so en passant die Wiederwählbarkeit der Präsidentin des Landesbeirates sicherstellen möchte. Grundsätzliches kann dazu nicht gesagt werden, da dem Gesetzesentwurf jeglicher roter faden fehlt, weshalb ich auf die Artikeldebatte verweise.
Fazit:
Der Landeshaushalt 2021 mit einem provisorischen Gesamtvolumen in der Höhe von 6,12 Milliarden Euro bleibt trotz aller zu berücksichtigenden Mindereinnahmen nach wie vor auf einem hohen Niveau. Selbstredend bedingen die Verwerfungen mit erster, zweiter und vielleicht gar dritter Welle der Covid-19 Pandemie einen zusätzlichen starken Kostendruck auf den Haushalt. Vielleicht erstmals seit Langem muss sich das Land Südtirol mit ihren in Verantwortung stehenden Regierenden der ernsthaften Frage stellen, ob im Bereich der bereits begonnenen Investitionen die erforderlichen Mittel allesamt noch als gesichert gelten..
Hinzu kommt, dass vielleicht gerade Zeiten allgemeiner Einnahmenrückgänge schmerzlich in Erinnung gerufen wird, dass die mitunter eigengelobten Verwaltungsüberschüsse viel eher als Gradmesser zur Effizienz der Verwaltungsgebarung dienen als zur berühmten Schatz-Schatulle taugen, aus der meist in Last-Minute-Manier Mittel noch für das ein oder andere anderweitig aus finanzspezifischer Perspektive nicht rechtzeitig gesicherte Vorhaben “locker gemacht” werden können.
Angesichts einer alle Grenzen bisheriger Zuständigkeiten sprengenden Verwaltungspraxis sollte die Landesregierung ernsthafter als bisher die Möglichkeit der Verstärkung der direkten Finanzierungskanäle durch EU-Hilfsgelder prüfen, welche im Rahmen von Direktzuwendungen nicht den politisch stets mit Unwägbarkeiten verbundenen Weg über Rom bedingen.
Ein neuer post-Covid-19 Fokus auf die Verhältnismäßigkeit nicht nur zwischen den Missionen, sondern darin besonders zwischen den einzelnen Titeln wäre höchst an der Zeit, bei der zukünftigen Ressourcenplanung verstärkt ins Auge zu fassen.
Wie eingangs festgehalten wurde, spricht noch aus der Aussicht auf baldige Impffortschritte die Haltung, ein Weiter-so weitest gehend am Ende des Tunnels aufrecht erhalten zu können, während es aus heutiger Sicht kaum vorstellbar ist, welch zusätzlicher Druck auf dem Finanzmittelkonstrukt dieses Landes mit der Beendigung des staatsweiten Notstands im nächsten Jahr und der dann hereinbrechenden Welle an Arbeitslosigkeit hinzukommen wird, sodass vielleicht doch mit 7 Jahren Verspätung nicht nur ein weitaus radikalerer zero-base-budgeting Ansatz salonfähig wird, sondern zudem jedes größere Investitionsvorhaben viel bewusster als bisher durch die Brille der Erlangung europäischer, italienischer und erst dann regionaler bzw. Landesmittel betrachtet und beurteilt werden wird.
2020 wird aller Voraussicht nach eine epochale Zeitenwende bedeuten. Denn die Herausforderung auch für dieses richtigerweise um sein Europa in Kleinformat ringende Selbstverständnis Land Südtirol wird sich nicht nur durch die seit Covid-19 Pandemie Priorität erlangte Digitalisierungsoffensive in allen Lebens- und Arbeitsbereichen mit der Frage auseinander setzen müssen, was mit den Menschen passiert, die ihre Jobs verloren haben und wie sie bestmöglich aus Mitteln des öffentlichen Haushalts unterstützt und bei ihrer Weiterbildung und Umorientierung begleitet werden können.
Das Land Südtirol wird sich zudem vorrangig der Herausforderung stellen müssen, wie verlorene und selbst bei einem neuerlichen Wirtschaftsbooms wohl nie wieder, vor allem in den Dienstleistungsbranchen in gewohnter Zahl zurückkehrende Berufe, die eigene Zukunft als Wirtschafts- und Gesellschaftsstandort definieren will – mitsamt der Umbrüche, die durch den heute schon prognostizierbaren radikalen Umbau vor allem der Innenstädte und urbanen Geschäftszentren und den sich vielleicht für viele Peripherien neu eröffnenden Chancen.
Gerade hierzu ist im gegenwärtigen Haushaltsvoranschlag für die kommende, sehr entscheidende nächsten Jahre, wenig nachzulesen, was entgegen der auf Modernität, Europabekenntnis und Innovationsoffenheit gepolten Landesregierung einem weiteren bedauerlicher Zeitverlust und einer nicht ungefährlichen Planungslücke gleichkommt, wenn für uns Land nach wie vor die Losung ausgegeben werden soll: Südtirol ist einer der weltweit beliebtesten Lebens- und Wirtschaftsräumen im geografischen Herzen Europas, dem jeder und jede wohl vermutlich nur zustimmen kann.
Paul Köllensperger
Team K