Gesetzlicher Rahmen
In Italien wurden die Vogelpflegezentren erst Anfang der 90er Jahre offiziell anerkannt. Dies erfolgte mit dem Gesetz Nr. 157 aus dem Jahr 1992 über den Schutz der Vogelfauna, das bis heute die rechtliche Grundlage für die Tätigkeiten zur Aufnahme und Pflege von Wildtieren in Italien bildet. In Südtirol wurde dieser Bereich mit dem Landesgesetz vom 17. Juli 1987, Nr. 14, „Bestimmungen über die Wildhege und die Jagdausübung“, geregelt.
Es sei hervorgehoben, dass im Artikel 2 des Gesetzes Folgendes festgehalten wird: „Das Wild ist unverfügbares Vermögen und wird vom Land verwaltet.“ Im Artikel 3 Absatz 2 steht in Bezug auf die Hege der Wildtiere, dass diese „das Recht und die Pflicht, das Wild zu betreuen […]“ umfasst. Aufnahme und Pflege von Wildtieren werden hingegen im Artikel 11, insbesondere im Absatz 5-bis („Bei Auffindung von kranken oder verletzten nicht jagdbaren Vögeln sorgt der Verwalter des entsprechenden Wildbezirkes für die Ablieferung derselben an ein einschlägig ermächtigtes Pflegezentrum für die heimische Vogelwelt.“) und im Absatz 5-ter („Über die krank oder verletzt aufgefundenen Wildsäuger entscheidet der Verwalter des entsprechenden Wildbezirkes.“) behandelt. Zusammenfassend ist vorgesehen, dass der Verwalter des Wildbezirkes keinerlei medizinische/tiermedizinische Bewertung betreffend den Zustand des Tiers vornimmt, um über geeignete Pflegemaßnahmen oder, falls das Tier nicht mehr gerettet werden kann, eine etwaige Tötung zu entscheiden, und dafür sorgen muss, dass das Tier einem lokalen Vogelpflegezentrum übergeben wird. Diese kurze Erwähnung im Absatz 5-bis des Artikels 11 ist derzeit die einzige Regelung, auf die sich die Pflegezentren für freilebende Vögel berufen können.
Was die Finanzierung auf lokaler Ebene betrifft (s. Artikel 19 Absatz 8 des genannten Gesetzes sowie den Beschluss vom 7. September 1998, Nr. 3944, abgeändert durch den Beschluss vom 3. November 1999, Nr. 4723), so ist diese abhängig von der Vergabe von Beiträgen, die beschränkt verfügbar sind und nicht konstant ausgeschüttet werden. Eine Finanzierung über eine Vereinbarung zur Ausübung einer Tätigkeit, für welche die öffentliche Verwaltung zuständig wäre, gibt es hingegen nicht.
Das Pflegezentrum für die Vogelwelt in Bozen
C.R.A.B. ist eine Vereinigung, die 2003 von einer Gruppe von engagierten Bürgern, darunter Umweltschützer, Tierärzte und Birdwatcher, gegründet wurde, um krank oder verletzt aufgefundene Wildvögel aufzunehmen, zu pflegen und dann wieder in die freie Wildbahn zu entlassen. 2014 wurde diese Tätigkeit auch auf kleinere Säugetiere (insbesondere Igel, Fledermäuse, Eichhörnchen usw.) ausgedehnt, auch wenn dieses Zentrum in der Praxis bereits seit Jahren auch in solchen Fällen als Bezugsstelle für das Landesamt für Jagd und Fischerei galt.
Die Arbeit der Vereinigung erfolgte mit einer entsprechenden Bewilligung und mit dem Beitrag seitens der Abteilung Forstwirtschaft des Landes – Amt für Jagd und Fischerei, auch um den gesetzlichen Bestimmungen zu entsprechen, mit denen die Einrichtung von Pflegezentren vorgegeben wurde. Das genannte Pflegezentrum übernimmt außerdem offiziell die Aufgabe der Aufnahme von gerichtlich beschlagnahmten Tieren und untersteht diesbezüglich der italienischen Staatsanwaltschaft und den verschiedenen Polizeikorps.
In ihrer Satzung verpflichtet sich die Vereinigung, das Recht der Tiere auf Leben und Gesundheit und auf Achtung ihrer Vielfalt und Würde als Lebewesen zu schützen.
Die Anzahl der Tiere, die im Pflegezentrum aufgenommen und wieder entlassen werden, liegt durchschnittlich – aufgrund des Platzmangels und der organisatorischen Schwierigkeiten – bei 250 bis 350 pro Jahr. Darunter sind ca. 50 bis 60 Arten und unterschiedliche Altersstufen (vom Küken/Jungtier bis zum ausgewachsenen Tier) vertreten. In den letzten Jahren konnte die Erfolgsquote bei der Pflege der aufgenommenen Tiere stetig verbessert werden. Dies zeigt, dass die Erfahrung und die Perfektionierung der Vorgehensweisen bei der Pflege der Tiere im Laufe der Jahre Früchte getragen haben. Mittlerweile gehen jährlich über tausend Anrufe beim Pflegezentrum ein.
C.R.A.B. arbeitet bei der Beringung der Vögel kurz vor ihrer Entlassung in die freie Wildbahn mit dem Umweltschutz- und Umweltforschungsinstitut Ispra zusammen. Die Vereinigung ist auch als epidemiologisches Zentrum ein wichtiger Bezugspunkt für die gesamte Region, in Zusammenarbeit mit dem Versuchsinstitut für Tierseuchenbekämpfung der Venetien, mit dem Sanitätsbetrieb und einigen Universitätsinstituten.
Im Laufe der langjährigen Tätigkeit konnte auch die Zusammenarbeit mit den Institutionen, wie dem Landesforstkorps, den Jagdaufsehern der Jagdreviere des Landes, der Feuerwehr, den Gemeindepolizeieinheiten, den Carabinieri und der Staatspolizei konsolidiert werden.
Die Vereinigung bemühte sich außerdem stets darum, für Schulklassen ein didaktisches Angebot zu schaffen und – in Zusammenarbeit mit dem Naturmuseum – Themenabende für die gesamte Bevölkerung zu veranstalten.
Das Problem
Seit seiner Gründung hat das Pflegezentrum seinen Sitz bei der Stadtgärtnerei in der Mühlbachpromenade, wo von der Gemeinde Bozen Räumlichkeiten mittels Überlassung zur Verfügung gestellt wurden, die ursprünglich für andere Zwecke bestimmt waren. Dort herrschen jedoch schwerwiegende Mängel (Sanitäranlagen, Heizung, Warmwasser usw.), die sich im Laufe der Zeit verschlimmert haben und mittlerweile dazu geführt haben, dass der Dienst nicht mehr fachgerecht und den gesetzlichen Vorgaben entsprechend erfolgen kann. Das Amt für Vermögen der Gemeinde, das miteinbezogen wurde, um zumindest die notwendigsten Sanierungsmaßnahmen und den Abschluss eines Mietvertrags zu erwirken, hat jegliche Intervention ausgeschlossen und darauf hingewiesen, dass es in Zukunft nicht mehr möglich sein werde, den derzeitigen Sitz zu nutzen, wodurch es de facto die Schließung des Zentrums besiegelt hat.
Zu dieser problematischen Lage kamen auch noch Schwierigkeiten im Bereich „Personal/Organisation“ hinzu. Hunderte Einsätze für die Aufnahme von Tieren, verteilt auf einen Großteil des Landesgebietes sowie die Betreuung von Hunderten von Tieren, die zahlreichen verschiedenen Arten angehören, erfordern die Mitarbeit von Personal mit einer einschlägigen Ausbildung.
Bekanntlich ist die ehrenamtliche Arbeit von einem starken Wechsel der Mitwirkenden gekennzeichnet und die Organisation ist oft nicht einfach. Es besteht außerdem ein Finanzierungsproblem, da wie bereits erwähnt ausschließlich die unregelmäßig und nicht verlässlich ausbezahlten Beiträge genutzt werden können, während eine entsprechende Vereinbarung fehlt. In diesem Sinne wird folgender Vorschlag eingebracht: Die Provinz Trient hat mit dem Pflegezentrum, das von der Vereinigung Lipu betrieben wird, eine Vereinbarung abgeschlossen, die sich als hervorragende Grundlage herausgestellt hat und als Ausgangspunkt für Vorschläge dienen könnte, um den Erfordernissen einer Vereinigung – C.R.A.B. – entgegenzukommen, die einen unverzichtbaren Dienst für die Öffentlichkeit leistet.
Dies vorausgeschickt, verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung,
einen Diskussionstisch mit den Leitern der Vereinigung C.R.A.B. einzurichten, um eine kontinuierliche Fortsetzung der Tätigkeit dieser Vereinigung zu gewährleisten sowie angemessene Örtlichkeiten und Ressourcen für ein langfristiges Projekt ausfindig zu machen, mit dem nicht nur für die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen gesorgt wird, sondern – entsprechend dem Bild unseres Landes, mit dem wir uns identifizieren möchten – auch den Erwartungen unserer Gesellschaft entsprochen werden kann und dabei der nachgewiesenen wissenschaftlichen, medizinischen, sanitären, didaktischen und umweltbezogenen Rolle einer Vereinigung, wie sie in den Prämissen dieses Beschlussantrags beschrieben wurde, gebührend Rechnung getragen wird.