Wer Strassen sät, wird Verkehr ernten. Es ist ein Armutszeugnis für eine vorausschauende Mobilitätsplanung seitens der Landesregierung, wenn pünktlich zu jeder Wahl das Schreckgespenst der Alemagna-Autobahn ausgepackt wird. Offensichtlich ist es aber mit dem 30 Minuten Takt bei der Pustertaler Bahn zur Bewältigung von Pendler- und Touristenströme bei weitem nicht getan. Regelmässige Zugausfälle, ärgerliche Verspätungen, fehlende Waggons in manchen Spitzenzeiten (oft im Winter) sowie nicht immer ausreichend vorhandene Pendlerparkplätze in Bahnhofsnähe tragen das Ihrige dazu bei, den Anreiz zum Umstieg auf den Zug nicht attraktiv genug zu gestalten. Auch beim Problem des immer stärker ansteigenden überregionalen und internationalen LKW Umwegverkehrs aus Kostengründen, von dem weder das Pustertal noch seine Menschen ausser Lärm, Staub und Luftverschmutzung etwas haben, ist die Landesregierung einen konkreten Lösungsvorschlag schuldig. Will sie diese komplexen Probleme auf bestehenden Strecken nicht in Angriff nehmen, weil man sich vielleicht nicht einer Mautdiskussion mit der Frächterlobby stellen möchte? Wird mit Sanktus von ganz oben das regelmässige Drängen nach einer Autobahn durch das Pustertal auf Wunsch Venetiens eher in Kauf genommen?
Genauso wenig wie das Klimaland Südtirol einen Flughafen Bozen braucht, genauso wenig liegt die Zukunft in neuen Straßen. Dies ist meine tiefe Überzeugung, denn der Schlüssel moderner Mobilität liegt für mich in einer regional wie international vernetzten Zugstrategie. Es wäre daher höchste Zeit, einen weiteren konkreten Schritt zu setzen und gemeinsam mit der gesamten Europaregion Tirol in Sachen Zug-Mobilität strategisch an einem Strang zu ziehen. In diesem Zusammenhang darf ich an einen von mir bereits 2010 formulierten Vorschlag erinnern, ähnlich der Brennerautobahngesellschaft eine Euregio-Eisenbahngesellschaft zu gründen, um Mobilitätslösungen nicht nur infrastrukturell, sondern auch als Dienstleistungspaket von A bis Z im Sinne einer dem Eisenbahnland Schweiz nachempfundenen Strategie zur deutlichen Steigerung der Lebensqualität aller auf den Weg zu bringen.
Ich halte es für reichlich bedenklich, die Inbetriebnahme des BBT 2026 abzuwarten in der Erwartung, dass sich die allergrössten Probleme unseres Durchzugslands durch eine Verlagerung der Verkehrsströme von der Strasse auf die Schiene allein durch die geschaffene Infrastruktur beheben lassen würden.
Fände nämlich hier eine umfassende Diskussion zu vorausschauenden Planungsinitiativen statt, um die Attraktivität des Zugfahrens in Verbindung mit den anderen öffentlichen Verkehrsmitteln insgesamt zu steigern, würden es diese unseligen Alemagna-Artikel nicht so leicht in die Tagespresse schaffen und in regelmässigen Abständen für Unruhe unter der nicht nur lokalen Bevölkerung sorgen.
Daher möge der Landeshauptmann höchst persönlich und so rasch wie möglich diese angeheizten Spekulationen beenden und erklären, dass die Südtiroler Landesregierung sich nicht am Gängelband der internationalen Frächterlobby führen lässt.