In den Alten- und Pflegeheimen, die während der Coronakrise teilweise zu Hotspots wurden, nimmt man eine abwartende und zurückhaltende Stellung ein und lehnt Neuaufnahmen von alten und pflegebedürftigen Personen, die auf Wartelisten angemeldet sind, ab. Dr. Franz Ploner und Maria Elisabeth Rieder vom Team K äußern ihre Bedenken zu dieser Vorgehensweise.
Sämtliche Strukturen des Gesundheitssystems kehren Schritt für Schritt zur Normalität zurück und versuchen unter Einhaltung der hygienischen Vorschriften und der gesetzlichen Normen einen „beinahe Normalbetrieb“ zu entwickeln. Nur die Alters- und Pflegeheime müssen sich hier an staatliche Vorgaben halten und sind nach wie vor abgeriegelt. Dies zieht natürlich Kollateralschäden mit sich. VIele Menschen, die dringend einen Alters- und Pflegeheimplatz benötigen, stehen ohne Perspektive da. Entlassungen aus den Krankenhäuser werden so zur Schwierigkeit. “Wie rechtfertigt man durch den angedachten Aufnahmestopp die Überlastung der Akutabteilungen (Innere Medizin und Geriatrie) in den Krankenhäusern? Wie rechtfertigt man die dadurch entstehenden hohen Kosten in den Akutabteilungen?”, fragt sich Dr. Franz Ploner vom Team K.
Während einige Alters- und Pflegeheime Hotspots von Covid-19 waren, gab es auch Strukturen, die ohne infizierte COVID-BewohnerInnen blieben. Gerade für jene Alters- und Pflegeheime ist es nicht nachvollziehbar, dass die BewohnerInnen in Isolation verharren und jeden Kontakt zu den Angehörigen verlieren. Neben strukturellen Schwierigkeiten sind Einsamkeit und Isolation auch psychische Faktoren, die die Bewohnerinnen und Bewohner sehr belasten. “Monatelange Isolation, kein physischer Besuch von Angehörigen und Freunden zehren an den Bewohnerinnen und Bewohner. Die psychische Gesundheit ist ein wesentlicher Faktor für das Wohlbefinden”, erklärt Maria Elisabeth Rieder. Erste Lockerungen sind zwar angekündigt, aber nicht in den nächsten zwei Wochen. Die Verantwortung für die eventuelle Öffnung der Heime obliegt den ärztlichen Leitern der Alten- und Pflegeheime.
“Viele wissenschaftliche Studien zeigen, dass soziale Isolation, Einsamkeit und Fehlen kognitiver Inputs bestehende Erkrankungen negativ beeinflussen und in einer frühzeitigen Sterblichkeit der Heimbewohner endet. Es muss unsere Verpflichtung sein, die anhaltende Isolation der Heimbewohner durch innovative Maßnahmen (z.B. Einführen von “Besuchsplänen” oder Nutzung von Tablets zur Kommunikation), wie einer angepassten Teststrategie aufzuheben. Die Heimbewohner sollen die Möglichkeit haben, von ihren Angehörigen unter Einhaltung der Hygienevorschriften besucht zu werden. Menschen in Bürger- und Pflegeheimen haben auch unter schwierigen Bedingungen wie der COVID-Pandemie das Recht auf eine palliative Betreuung und auf eine Begleitung durch die Angehörigen am Ende ihres Lebensweges. Pflegeheime müssen sich um ihren institutionellen Aufgaben zu entsprechen öffnen, um neue Heimbewohner, die der Betreuung in diesen Strukturen bedürfen, aufnehmen zu können ”, so Dr.Franz Ploner
Das Team K hofft, dass es auch für die Alters- und Pflegeheime einen Südtiroler Weg geben wird. Wie bereits Hippokrates wusste, erfordern “verzweifelte Zeiten verzweifelte Maßnahmen”. Für viele Bereiche wurden Maßnahmen und Regeln relativ schnell entwickelt, warum nicht für Alters- und Pflegeheime? Etwa, weil Seniorinnen und Senioren keine Lobby haben?