Südtirol ist zweifelsohne auch ein Land der Musik und Musiker/innen. Dafür genügt ein Blick auf die Geschichte und Mitgliedzahlen der größten Musik und Gesangsvereine Südtirols. Der Verband Südtiroler Musikkapellen zählt über 10.500 Mitglieder, der Chöreverband 10.600 Mitglieder, der Südtiroler Volksmusikkreis ist seit fast 40 Jahren aktiv, 17.800 Musikschüler sind in den heimischen Musikschulen eingeschrieben und zahlreiche Rockbands präsentieren sich seit Jahren bei verschiedenen Band-Wettbewerben und zeugen somit auch im Bereich Pop- und Rockmusik von einem durchwegs aktiven Musikleben mit mehreren Tausend Musiker/innen.
Einzelne Musiker und Musikerinnen haben den Sprung aus der Provinz auf die internationale Musikbühne geschafft und ihre Leidenschaft zu ihrem Beruf gemacht. Gerade sie sind es, die zusätzlich zu den bereits bestehenden Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendlichen zwischen 14 und 19 Jahren in der Oberstufe ein reines Musikgymnasium fordern.
Mit der staatlichen Schulreform im Schuljahr 2010/2011, der sogenannten Gelmini-Reform, wurde das Musikgymnasium ein im Staatsgesetz vorgesehener Bildungsweg, dessen Ziele im Ministerialdekret Nr. 211 vom 7. Oktober 2010 beschrieben sind. Die jeweiligen Lernziele dieses Bildungsweges sind dem Ministerialdekret Nr. 211 vom 7. Oktober 2010 „Gesamtstaatliche Richtlinien“ zu entnehmen. Um diesen staatlichen Vorgaben zu entsprechen, wurde in Südtirol an vier Oberschulen der Landesschwerpunkt Musik eingeführt. Dies ist am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium in Bruneck und Meran der Fall, ebenso am Klassischen, Sprachen- und Kunstgymnasium in Bozen und in italienischer Sprache am Liceo Pascoli in Bozen.
In der Nachbarprovinz Trient gibt es das Liceo Musicale-coreutico Francesco Antonio Bonporti, welches in Zusammenarbeit mit dem lokalen Konservatorium eine wichtige Rolle spielt.
Gerade dieses Beispiel aus Trient zeigt, dass eine enge Vernetzung der bereits bestehenden Oberschulen mit dem Konservatorium in Bozen durchaus Sinn macht und wünschenswert ist.
Diese Gymnasien mit Landesmusikschwerpunkt greifen aber in vielen Bereichen zu kurz. Es ist die Frage erlaubt, ob ein junger Mensch, der seine berufliche Ausrichtung auf die Musik legen will, mit einer Matura im Sozialwissenschaftlichen Bereich gut bedient ist. Ebenso stellt sich die Frage, ob das bereits bestehende Angebot ausreicht, um junge Menschen auf ein Leben als Musiker/in professionell vorzubereiten. Die Erfahrungen z. B. am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium in Bruneck zeigen, dass lediglich rund 1/3 der Schulabgänger an einem Konservatorium oder an einer Musikhochschule weiterstudieren.
Ein zusätzliches Musikgymnasium mit starker Anbindung an das Konservatorium würde für Südtirol und die Südtiroler Musik- bzw. Kulturszene eine Bereicherung darstellen. Nordtirol verfügt mit dem Oberstufenrealgymnasium für Studierende der Musik, kurz Musikgymnasium, bereits seit 1984 über eine solche Struktur. Dieses Musikgymnasium wird als Sonderform der Allgemeinbildenden höheren Schule (AHS) geführt und soll musikbegabten und -begeisterten Schüler/innen die Möglichkeit bieten, parallel zur Instrumentalausbildung an einem Konservatorium oder Musikuniversität das Gymnasium zu besuchen und eine AHS-Matura abzulegen.
In einem Musikgymnasium könnte die Bildung noch besser auf die Bedürfnisse der Schüler/innen und ihre Erwartungen abgestimmt werden und diese für ihren Beruf als Lehrer/innen, Performer, Arrangeure oder Songwriter/innen aber auch Musikmanager/innen vorbereiten. Für Musiker/innen wichtige Bereiche, wie z. B. der Umgang mit Notationsprogrammen, Recording, Tontechnik und dergleichen mehr wird derzeit an den Oberschulen mit Landesmusikschwerpunkt nicht oder sehr spärlich unterrichtet. Ebenso können es sich diese Oberschulen nicht leisten, Meisterkurse mit namhaften Künstlern anzubieten und externe Referenten/innen bzw. Experten in den Unterricht einzubinden. Auch ist es Schüler selten möglich, längere Zeit dem Unterricht fern zu bleiben, weil sie z. B. mit einem Orchester auf Tournee sind.
Ziel eines Musikgymnasiums muss es sein, einen qualitativ hochwertigen und zeitgemäßen Unterricht für alle Musikinteressierten und -begabten anzubieten, die als klares Ziel einen Beruf im Musikbusiness anstreben.
Südtirol hat es im Sportbereich bereits vorgemacht mit der Einrichtung der verschiedenen Sport-Oberschulen, die sich als Talent-Schmiede vor allem im Bereich Skisport mit diversen Weltmeistern und Olympiasiegern bewiesen haben. Nun wäre es an der Zeit Gleiches auch im Kulturellen nachhaltig umzusetzen.
Die Musik wird gerne als „universelle Sprache“ bezeichnet. Ein Musikgymnasium dürfte somit in Südtirol keiner Sprachgruppe zugeordnet werden dürfen, sondern sollte Deutsch, Italienisch und Englisch als gleichwertige Sprachen im Unterricht einsetzen.
Dies vorausgeschickt verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung,
die Einführung eines Musikgymnasiums in Südtirol anzustreben, um den Musikinteressierten und – begabten eine qualitativ hochwertige Oberschule samt Matura-Abschluss und Fachwissen für die Musik- und Künstlerwelt anzubieten.