Die steigende Anzahl an Naturkatastrophen und das immer größere Schadensausmaß auch in Südtirol, wie z. B. durch Vaia, sind nur ein Symptom der fortlaufenden Erderwärmung und zeigen klar auf wie ein weltweites Umdenken unumgänglich ist. Die bisherigen globalen, nationalen und lokalen Maßnahmen gegen die Klimakrise reichen bei weitem nicht aus, um der Menschheit eine sichere und gesunde Zukunft zu garantieren. Die Ziele, die bislang im Rahmen des Pariser Klimaabkommens eingereicht wurden, reichen nicht, um die globale Erwärmung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit unter 1,5 Grad Celsius zu halten. Zu diesen eindeutigen Ergebnissen kommt der Sonderbericht des Weltklimarates IPCC im Oktober 2018. Die Weltgemeinschaft, Italien und auch das Land Südtirol dürfen nicht länger zögern, sondern müssen schnell und konsequent handeln. Jede Anstrengung, die wir jetzt weiter vertagen, wird in den folgenden Jahrzehnten um ein Vielfaches schwerer und letztendlich unmöglich.
Die Klimakrise ist die essentielle Herausforderung unserer Zeit. Wir sind die erste Generation, die die Auswirkungen spürt und die letzte, die die Klimakatastrophe noch stoppen kann. Denn während man für Covid-19 einen Impfstoff finden kann, gilt dies nicht fürs Klima.
Die Erklärung des Klimanotstands bedeutet, dass Parlamente oder Verwaltungen feststellen, dass es eine Klimakrise gibt und dass die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, die menschengemachte globale Erwärmung zu begrenzen. Dies ist zwar kein Notstand im rechtlichen Sinne, aber ein erster Schritt in Form einer politischen Willensbekundung das Thema ernst zu nehmen und gleich zu handeln.
Der Landtag würde durch die Ausrufung des Klimanotstandes den Klimawandel als akute Bedrohung anerkennen und die Eindämmung der Klimakrise sowie ihrer schwerwiegenden Folgen zu einer Aufgabe mit höchster Priorität erklären. Dies beinhaltet auch die Selbstverpflichtung, bei jedem Vorhaben zu überprüfen, wie dieses auf das Klima wirkt. Deshalb schlagen wir einen verpflichtenden “Klimacheck” für jede Rechtsnorm vor, um die Klimaverträglichkeit zu prüfen und Best Practices leichter erkennbar zu machen. Dies wird auch in anderen Ländern wie Österreich parteiübergreifend verlangt.
Mit diesem Beschluss werden auch Landesregierung und Verwaltungen beauftragt, Maßnahmen auszuarbeiten, die über den derzeitigen Stand hinausgehen und den geschuldeten Teil-Beitrag zu leisten, um die globale Erwärmung aufzuhalten. Durch die Einführung und den Gebrauch des Begriffs „Notstand“ in diesem Zusammenhang wird diesen Maßnahmen höchste, nicht aufschiebbare Priorität zugeschrieben.
Wir sollten uns darin einig sein, „dass unser Haus brennt“. Bei Klimaschutz geht es ja eigentlich um „reinen Menschenschutz“, mittlerweile gibt es zum Beispiel in Österreich mehr Hitze- als Verkehrstote. Die Gefahr, einen Punkt zu erreichen, an dem es kein Zurück mehr gibt, ist real und greifbar. Das nächste Jahrzehnt wird entscheidend sein.
Wenn wir in diesem Beschlussantrag Einstimmigkeit erreichen, senden wir auch als Institution ein lang ersehntes Signal: „Wir haben verstanden und agieren jetzt.“
Dies vorausgeschickt verpflichtet der Südtiroler Landtag den Landtagspräsidenten,
- stellvertretend für den Südtiroler Landtag den Klimanotstand zu erklären und damit die Eindämmung der Klimakrise und ihrer schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität anzuerkennen;
- für sämtliche Landesgesetzentwürfe, Beschlussanträge zu Landesgesetzentwürfen, Beschlussanträge, Begehrensanträge und Begehrensgesetzentwürfe verpflichtend bei der Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz eine Bewertung der „Auswirkungen auf den Klimaschutz“ einzuholen (“Klimacheck”), mit den Auswahlmöglichkeiten „Ja, positiv“, „Ja, negativ“ und „Nein“. Wird die Frage mit „Ja, positiv“ oder „Ja, negativ“ beantwortet, muss die jeweilige Auswirkung in Zusammenarbeit mit der Agentur in der Begründung dargestellt werden;
und verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung,
- für das Land Südtirol das Ziel zu setzen, schon bis zum Jahr 2035 klimaneutral ohne CO2-Kompensierungen im Ausland zu werden und alle dazu notwendigen Maßnahmen glaubwürdig und systematisch zu planen und umzusetzen;
- die bisherigen und weitere Maßnahmen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, nicht wegen der Auswirkungen der Covid19-Krise zu entschärfen oder sogar zurückzunehmen;
- ab sofort bei jeglichen normativen und organisatorischen Entscheidungen Lösungen zu bevorzugen, die sich positiv auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz auswirken und die Auswirkungen auf das Klima zu dokumentieren;
- bei den Qualitätskriterien zur Bewertung von Angeboten an die öffentliche Verwaltung (zum Zweck der Vergabe von Aufträgen) mindestens 50 % der Bewertungspunkte Umwelt- und Klimaschutzaspekten vorzubehalten;
- die Nachbarprovinzen und Euregio-Partnerregionen aufzufordern, dem Vorbild Südtirols zu folgen und ebenfalls den Klimanotstand auszurufen;
- die Umsetzung derselben Vorhaben und Auflagen zum Klimaschutz auch in Privatunternehmen mit Landesbeteiligung einzufordern;
- halbjährlich dem Südtiroler Landtag über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Reduktion der Emissionen Bericht zu erstatten.