BERICHT
Art.1
Das Gesetz Nr. 132/1968 (Legge Mariotti) und nachfolgende Änderungen sowie das gesetzesvertretende Dekret vom 30. Dezember 1992, Nr. 502, Art. 9, sehen vor, dass in jeder Krankenhausund Gesundheitsstruktur („presidi ospedalieri dell‘unità sanitaria locale“) ein ärztlicher Leiter vorzusehen ist. Dies kann nicht durch eine wie im
Gesetz Nr. 3 vom 21. April 2017, Art. 25, Absatz 5 formulierte „Kann-Bestimmung“ erfolgen, sondern muss durch eine „Ist-Bestimmung“ gesetzlich verankert werden.
Der ärztliche Leiter ist der Vertreter der leitenden Ärzte des Krankenhauses und nach dem Krankenhausgesetz Nr. 132/1968 (Legge Mariotti) und gesetzesvertretenden Dekret Nr. 502 vom 3. Dezember 1992 neben dem Verwaltungsleiter und der Pflegedienstleitung die zentrale Figur der Betriebsführung des Krankenhauses (ähnlich der kollegialen Führung in den Nachbarstaaten).
Dem ärztlichen Leiter obliegt die Sicherstellung der medizinischen Versorgung, die Aufsicht über die erbrachten Leistungen in ärztlichen Belangen, die Überwachung der vom Gesetz vorgesehenen Anordnungen und Mitteilungen im medizinischen Bereich, die Sicherstellung und Überwachung der Krankenhaushygiene sowie die Koordinierung und
Planung des ärztlichen Aufnahmedienstes durch die Notaufnahme oder den ambulanten Bereich sowie die Unterbringung der Patienten im Krankenhaus. Er ist der primäre Ansprechpartner für die Carabinieri per la tutela della salute (NAS) bei der sanitären Überwachung der Gesundheitsstruktur und der hygienisch-organisatorischen Abläufe. Dies erklärt die Tragweite der Aufgabenstellung des ärztlichen Leiters in jeder Gesundheitseinrichtung, die unabdingbar vorzusehen ist und deren Aufgaben nicht sinnvoll delegierbar erscheinen.
Der ärztliche Leiter (direttore ospedaliero) des Krankenhauses muss aus den oben angeführten Gründen vor Ort präsent sein, und kann die Aufgaben nicht aus der Distanz erledigen.
Art.2
Voraussetzung eines funktionierenden Krankenhauses der Grundversorgung ist, dass die Kernabteilungen Innere Medizin, Chirurgie (inklusive Chirurgie des Bewegungsapparates), Anästhesie und Wiederbelebung, Gynäkologie und Geburtshilfe und Pädiatrie als eigene komplexe Strukturen vorhanden sind. Diese Strukturen müssen, will man die geforderten Qualitätsstandards der medizinischen Versorgung und die Attraktivität für Patienten und Ärzte/Pflegepersonal, insbesondere für Ärzte in der Facharztausbildung, aufrecht erhalten, mit eigenständigen Verantwortungsträgern (Primarärzten) vor Ort besetzt werden, die selbstständig und eigenverantwortlich die Leistungserbringer in den peripheren öffentlichen Gesundheitsdiensten sind. Das Fehlen eines Primararztes in den genannten Fachdisziplinen der Krankenhäuser der Grundversorgung bedingt einen Verlust fachlicher Kompetenz vor Ort und den rasanten Qualitätsabbau in allen medizinischen Fachdisziplinen. Diese Krankenhäuser werden sowohl für Fachärzte als auch für auszubildende Jungärzte uninteressant, so dass der bestehende Fachärztemangel sich weiter verstärken wird mit all den Folgen der wohnortnahen Patientenversorgung.
Gerade durch die räumliche Distanz zwischen den Krankenhäusern der Grundversorgung und den Schwerpunktkrankenhäusern ist eine kompetent fachliche Führung vor Ort nicht möglich, wodurch ein Einbruch sowohl in der fachlich-medizinischen Betreuung der Patienten als auch in der Ausbildung der Jungärzte zu erwarten ist. Dies führt unweigerlich zu einem Verlust der Expertise in den Krankenhäusern der Grundversorgung. Damit wird langfristig die durch den Gesundheitsplan 2016-20 gewünschte wohnortnahe Grundversorgung in diesen Krankenhäusern hinfällig mit der entsprechenden medizinischen Unter-/Fehlversorgung der peripheren ländlichen Bevölkerungsgruppe, die sich im Einzugsgebiet dieser Krankenhäuser befindet. Gerade aus diesen Überlegungen heraus hat die Nachbarprovinz Trient in allen peripheren Krankenhäusern die Primararztstellen (Direttore medico di secondo livello) nachbesetzt.
Allgemein gesehen bedeutet das Fehlen eines eigenständig tätigen Primararztes in diesen Fachdisziplinen eine Reduktion fachlicher Kompetenz, Verlust menschlichen Potentials, einen Rückschritt in der Aus- und Weiterbildung junger Fachkräfte und die Verhinderung persönlicher Entwicklungen, was in einem Land wie Südtirol, mit den sprachlichen Unterschieden der Bevölkerung, von Nachteil ist. Dies alles führt eher zu einer Abwanderung von Ärzten und zu einem personellen Aushungern dieser peripheren Strukturen.
Die Patienten in der Peripherie werden bei der aktuellen Entwicklung förmlich gezwungen, sich entgegen dem Prinzip der dezentralen Versorgung auch für weniger aufwendige Pathologien wohnortfern behandeln zu lassen, wodurch zentrale Ressourcen zusätzlich überbelastet werden.
Die Einrichtung der Kernprimariate am kleineren Standort steht keineswegs im Gegensatz zum Prinzip des Krankenhauses mit zwei Standorten, sondern sie stärkt einerseits den kleineren Standort, stellt einen Anreiz für mögliche Bewerber dar, entspricht den Forderungen der Jungärzte und verbessert anderseits die Personalstärke und die
medizinische Versorgung in ihrer Gesamtheit.
Änderungen zum Landesgesetz vom 21. April 2017, Nr. 3 „Organisationsstruktur des Lan- desgesundheitsdienstes“
Art. 1
Im Artikel 25 Absatz 5 des Landesgesetzes vom 21. April 2017, Nr. 3, in geltender Fassung, erhält der letzte Satz folgende Fassung: „In den Krankenhauseinrichtungen mit zwei Standorten ist eine Ärztliche Direktorin/ein Ärztlicher Direktor an beiden Standorten vorzusehen.“
Art. 2
Nach Artikel 25 Absatz 5 des Landesgesetzes vom 21. April 2017, Nr. 3, in geltender Fassung, wird folgender Absatz 5-bis hinzugefügt:
„5-bis. An den Krankenhauseinrichtungen mit zwei Standorten sind am kleineren Standort die Grundabteilungen und Dienste Innere Medizin, Chirurgie (inklusive Chirurgie des Bewegungsapparates), Anästhesie und Wiederbelebung, Gynäkologie und Geburtshilfe und Pädiatrie als eigene komplexe Strukturen eingerichtet. Diese werden von eigenen Direktoren einer komplexen Struktur vor Ort geleitet. Die Leistungserbringung wird im Rahmen des Arbeitens im Netzwerk von verbindlichen Vereinbarungen geregelt.“