Die Wissenschaft und immer mehr Regierungen sprechen sich für eine CO2-Bepreisung aus. Sie fördert die nachhaltige Entwicklung, hilft dem Klimaschutz, sieht das Verursacherprinzip vor und versucht, Umweltbeeinträchtigungen an ihrem Ursprung zu bekämpfen. Diese Prinzipien findet man auch in der europäischen Grundcharta wieder, denn der Umwelt- und Klimaschutz genießt auf europäischer Ebene höchsten Stellenwert. So enthält die Präambel des Vertrags über die Europäische Union folgenden Wortlaut:
„IN DEM FESTEN WILLEN, im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarkts sowie der Stärkung des Zusammenhalts und des Umweltschutzes den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt ihrer Völker unter Berücksichtigung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung zu fördern und Politiken zu verfolgen, die gewährleisten, dass Fortschritte bei der wirtschaftlichen Integration mit parallelen Fortschritten auf anderen Gebieten
einhergehen,“
Des Weiteren deklariert Artikel 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Folgendes:
(1) Die Umweltpolitik der Union trägt zur Verfolgung der nachstehenden Ziele bei:
Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität;
Schutz der menschlichen Gesundheit;
umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen;
Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme und insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels.
(2) Die Umweltpolitik der Union zielt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Union auf ein hohes Schutzniveau ab. Sie beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz,
Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem
Verursacherprinzip. (…)
(3) Bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik berücksichtigt die Union:
die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten;
die Umweltbedingungen in den einzelnen Regionen der Union;
die Vorteile und die Belastung aufgrund des Tätigwerdens bzw. eines Nichttätigwerdens;
die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Union insgesamt sowie die ausgewogene Entwicklung ihrer Regionen.“
Schon in mehreren Ländern wurde eine CO2- Steuer eingeführt (https: //www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/co2-steuer-in-mehreren-eulaendern-laengst-standard,RVyr5aE) allerdings in unterschiedlichen Sektoren und mit verschiedenen
Preisen pro Tonne. Es braucht hingegen eine europaweit einheitliche Steuer, die in allen Sektoren Anwendung findet, wo fossile Brennstoffe eingesetzt werden (z. B.: Energieerzeugung, Wärmeproduktion, Verkehr und Mobilität, Gebäude und
Wohnsektor usw.). Diese Bepreisung würde Unternehmen und letztendlich auch Konsumenten die richtigen Anreize liefern, um den Ausstieg aus der Produktion mit fossilen Brennstoffen zu beschleunigen und wirtschaftlich interessanter zu machen.
Eine Internalisierung der effektiven (Verschmutzungs-)Kosten erlaubt auch eine gerechte und transparente Preisfindung von Produkten, die nicht mehr negative soziale und ökologische Folgen mit sich bringen.
Dass diese Steuer ein Zusammenkommen von Ökologie und Ökonomie erlaubt, ist am Beispiel Schwedens abzulesen (https ://www.tagesspiegel. de/wirtschaft/klimaschutz-das-wunder-der-schwedischen-co2-steuer/24161896.html): Die dort 1991 eingeführte CO2-Bepreisung hat effektiv eine auf Innovation und Umweltbewusstsein basierende
Wirtschaft erlaubt. Wichtig war auch in Schweden eine schrittweise geplante Erhöhung des Tonnenpreises.
Ein moderater Einstieg erlaubt eine ökologische Lenkungswirkung und garantiert eine Veränderung des Konsumverhaltens ohne eine abrupte Umstellung. Dies bringt den Vorteil der Preissicherheit, konsequente Planungssicherheit und ist deshalb kurzfristig umsetzbar.
Wichtig ist auch anzumerken, dass eine CO2-Steuer das Ziel der Steuerumverteilung und nicht der Steuererhöhung verfolgt. Die Einnahmen derselben könnten zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen finanzieren oder als soziale Ausgleichsmaßnahmen im Falle einer regressiven Steuer dienen: Dies hängt von der genauen Modellierung der Steuer ab.
Wir vom Team Köllensperger sind deshalb überzeugt, dass eine CO2-Steuer kein Allheilmittel zur Lösung der Klimakrise darstellt, aber einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung unserer Wirtschaft und Gesellschaft leisten kann. In diesem
Sinne hoffen wir auf breite Zustimmung vom Südtiroler Landtag für ein klares Zeichen Richtung EU.
Dies vorausgeschickt,
fordert der Südtiroler Landtag das italienische Parlament, die italienische Regierung und das EU-Parlament auf,
auf die EU-Kommission dahingehend Einfluss zu nehmen um
1. eine EU-weite CO2-Steuer einzuführen, um die Wirtschaft progressiv zu dekarbonisieren;
2. die Möglichkeit eines CO2-Grenzausgleichs für importierte Güter zu prüfen, um die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu schützen und eine Abwanderung von Treibhausgasen ins Ausland zu vermeiden;
3. zu gewährleisten, dass die CO2-Steuer als ‚Lenkungsabgabe‘ verstanden wird. Das heißt, dass sie sozialgerecht moduliert angewandt wird und es zu keiner Erhöhung des Steuerdrucks insgesamt kommt;
4. sich einzusetzen, auch weltweit durch die zuständigen Institutionen eine CO2-Steuer einzuführen, um einen internationalen fairen Wettbewerb zu garantieren.
5. sich einzusetzen, dass die Anwendung der Abgabe so unbürokratisch wie möglich erfolgt.
Der Begehrensantrag wurde in der Sitzung vom 27.11.2019 im obigen Wortlaut wie folgt genehmigt:
a) Prämissen und beschließender Teil, mit Ausnahme des Punktes 5: mit 23 Jastimmen und 8 Enthaltungen;
b) Punkt 5 des beschließenden Teils: mit 22 Jastimmen, 3 Gegenstimmen und 7 Enthaltungen.